Leserbrief Zum 37. Jahrestag des Reaktorunfalls in Tschernobyl (26. April 1986)

Vor 37 Jahren am 26. April 1986 – der Reaktorunfall in Tschernobyl – bis heute ein prägendes Ereignis.

Der Mensch ist nicht unfehlbar, aber manche Fehler haben geringe Auswirkungen und andere sind so gravierend, dass sie die Welt verändern.

Der Reaktorunfall im Atomkraftwerk Tschernobyl, der neben technischen Problemen in erster Linie auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen ist, ist so ein Beispiel. Mich hat dieses Ereignis sehr geprägt. Gerade für Familien mit kleinen Kindern war die Situation schwer auszuhalten. Nicht nur die Spielplätze waren gesperrt, der Aufenthalt im Freien wurde generell nicht empfohlen. Gemüse, Obst und Salate aus dem eigenen Garten waren verstrahlt und mussten entsorgt werden und auch frische Milch war radioaktiv belastet. Selbstgezogene Sprossen und Sauerkraut gehörten nicht zu den Leibspeisen meiner Kinder, und Gemüse aus Konserven entsprachen nicht meiner Vorstellung von gesunder Ernährung. Dazu kam die große Sorge über die Aus- und Nachwirkungen. Es war keine einfache Zeit und ein schnelles Umdenken blieb leider aus.

Seit nunmehr 37 Jahren engagiere ich mich für die notwendige Energiewende – ohne Atom, aber auch ohne die klimaschädlichen fossilen Energieträger wie Kohle, Erdöl und Erdgas. Den Erneuerbaren Solar, Wind und Wasser gehört die Zukunft. Die Politik hat viele Jahre verhindert, gedeckelt und verdrängt. Erst mit Minister Robert Habeck wurde begonnen, die nach dem Pariser Klimaabkommen gefassten Beschlüsse auch in reales Handeln umzusetzen.

In Deutschland wurde am 15. April der letzte Schritt des Atomausstiegs vollzogen und die letzten drei Meiler vom Netz genommen. Jetzt gilt es den Ausbau der Erneuerbaren zu forcieren. Die Energiebranche, die Industrie und Gewerbebetriebe erkennen hierin die Zukunft und rüsten um auf erneuerbare Energien. Auch viele Private investieren in Solaranlagen auf dem eigenen Dach oder dem Balkon, dämmen ihre Häuser, tauschen Fenster aus und beteiligen sich an Windparks.

Leider ziehen in der Koalition nicht alle an einem Strang. Gerade die FDP verwässert die vorgelegten Gesetzesentwürfe, verlangt „Technologieoffenheit“, wo es auch in den nächsten Jahren schlicht an Kapazitäten fehlt, und suggeriert damit, dass wir noch jede Menge Zeit haben dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen. Nach jahrelangem Stillstand muss nun aber viel nachgeholt werden und die Zeit drängt, wollen wir unser Ziel „Deutschland CO2-neutral bis 2045“ einhalten.

Ich begrüße die klare Haltung der Grünen in der Regierung, auch wenn viele Kröten geschluckt werden müssen und es gerne auch schneller und konsequenter voran gehen könnte.

Es ist bedauerlich, dass die Opposition, Teile der Koalition und auch einige Medien nicht müde werden, falsche Behauptungen zu streuen und somit die Bevölkerung verunsichern. Deutschland ist schon lange nicht mehr Vorreiter beim Klimaschutz. In Skandinavien wurde bereits vor Jahren damit begonnen Wärmenetze auszubauen und fossile Brennstoffe zu ersetzen. Wärmepumpen versorgen dort einen Großteil der Gebäude mit Strom aus erneuerbaren Energien.

Warum sollte das dann bei uns ein Problem sein?

Es ist wichtig, die Menschen mitzunehmen. Das gelingt umso besser, wenn keine Angst vor den notwendigen Veränderungen geschürt wird, sondern die Vorteile herausgestellt werden (zukunftssichere Arbeitsplätze, neue Märkte, gute Luft und lebenswerte Zukunft für die nachfolgenden Generationen).

Wir alle können dazu beitragen.

Karin Schnick

Vorstand Bündnis 90/Die Grünen OV Hattersheim

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