Fluglärm ist schädlich und teuer

Freitagsdemo an der Kriegergedächtniskapelle – ARD-Fernsehteam vor Ort

FLÖRSHEIM (eb) – Angeführt von einem Trommelschläger und von Bannerträgern bewegten sich am vergangenen Freitagnachmittag mehr als 300 Protestler vom Ortseingang Wicker aus zur Kriegergedächtniskapelle und zur dortigen Kundgebung um 18 Uhr. Von Flörsheim und von Hochheim her kamen noch einmal mehr als 100 Menschen hinzu, um gemeinsam wieder einmal gegen den unerträglichen Fluglärm und die Schadstoffe über Flörsheim und Wicker zu protestieren.

 

Bürgermeister Michael Antenbrink eröffnete die Kundgebung mit der Feststellung, dass die Landebahn genehmigt und somit rechtens sei und dass es nun gelte, deren Auswirkungen zu begrenzen, dafür weiterzukämpfen und nicht zu resignieren. Zum „Forum Flughafen und Region“ merkte Antenbrink mit erhobener Stimme an, dass dessen Teilnehmer undemokratisch ausgewählt seien, sodass dort nicht „auf Augenhöhe“ verhandelt werden könne.
Hans Jakob Gall vom Verein Für Flörsheim stellte seinen Beitrag unter das Motto „Der Wahnsinn geht weiter“: Es gehe weiter mit dem Bau des Terminals 3 auf dem Flughafengelände für bis zu 90 Millionen Fluggäste im Jahr, gehe weiter mit der nichtssagenden Studie NORAH, aus der sich der renommierte Kardiologe Prof. Kaltenbach verabschiedet hat, weil diese Studie „nicht den wissenschaftlichen Ansprüchen entspricht, die ich gewohnt bin“, und gehe weiter mit dem Vorgehen des Herrn Posch, der, ohne das schriftliche Urteil aus Leipzig abzuwarten, das Nachtflugverbot und die Flugbewegungen in den Nachtrandzeiten durchsetzen und dafür kein Planergänzungsverfahren und vor allem keine Bürgerbeteiligung will. „Aber Sie wollen doch sicher Bürgerbeteiligung bei der nächsten Landtagswahl und dann noch für Ihre Partei?“, fragte Gall und fügte an, dass der Widerstand gegen diesen ganzen Wahnsinn gesellschaftliche Akzeptanz brauche, die jetzt über die Region hinaus gesucht werden müsse.
Der in Flörsheim bestens bekannte Epidemiologe Prof. Eberhard Greiser war mit einem Fernsehteam der ARD angereist und verkündete vor laufender Kamera, dass neue Auswertungen der Daten aus der im Auftrage des Umweltbundesamtes durchgeführten Studie um den Flughafen Köln-Bonn ergeben haben, dass einige weitere Erkrankungen unter dem Einfluss von Fluglärm häufiger auftreten, nämlich Demenz, chronisches Nierenversagen und Zuckerkrankheit (nur bei Frauen).
Bereits früher sei herausgefunden worden, dass durch nächtlichen Fluglärm eine Reihe von Erkrankungen in der betroffenen Bevölkerung häufiger aufträten, nämlich Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzschwäche und koronare Herzkrankheit sowie psychische Erkrankungen wie Depressionen und Wahnvorstellungen (Psychosen), aber auch Leukämie und Lymphdrüsenkrebs.
Erstmals bekannt machte Prof. Greiser eine auf Basis von Vorarbeiten des Statistischen Bundesamtes erstellte Prognose der durch Fluglärm entstehenden zusätzlichen Krankheitskosten im Umfeld des Frankfurter Flughafens: Danach entstünden für die Jahre 2012 bis 2021 zusätzliche Krankheitskosten in Höhe von zirka einer Milliarde Euro für Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs, für psychische Erkrankungen und für Zuckerkrankheit. An Herz- und Kreislaufkrankheiten würden im Umfeld des Frankfurter Flughafens zwischen 2012 und 2021 zirka 5.000 Menschen zwischen 40 und 65 Jahren erkranken und es sei anzunehmen, dass von ihnen zirka 1.500 versterben werden. (Seine Ausführungen wird Prof. Greiser in den nächsten Wochen erläutern, die Flörsheimer Zeitung wird darüber berichten.)
Carola Gottas von der Bürgerinitiative Flörsheim Hochheim hätte sich gerne mehr Teilnehmer gewünscht; sie forderte eine Gesamtbelastungsstudie und führte außer Fluglärm auch andere Lärmquellen an, die es zu bekämpfen gelte.
Zwölf Sänger vom Volksliederbund Flörsheim brachten zum Abschluss ein Lied frei nach Reinhard Mey mit dem Text „Über den Dächern, ja da krachen die Flugzeuge rein … kommt bestimmt einmal der Tag, und die Landebahn muss gehen“ zu Gehör, den geänderten Text hatten die Sänger an die Teilnehmer der Demo verteilt und die sangen kräftig mit. 
Hinterher gab's Wein vom Wickerer Winzer Reiner Flick. Den Erlös seiner Verkäufe spendete Flick dem Verein Für Flörsheim, der sie dankend annahm; denn die großzügige Spende reicht aus, die Kamera zu kaufen, mit der in Zukunft Videos der über Flörsheim einfliegenden Flugzeuge gemacht werden können, die dann auf der Homepage des Vereins zu sehen sind.
Nachzutragen ist noch, dass die Sendung der ARD mit Prof. Greiser mit dem Titel „Lärm greift an“ am 11. Juni 2012 um 22.45 Uhr ausgestrahlt wird.
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