„Heute mal alle in einem Boot“

Fastnachtsumzug zieht bei herrlichem Sonnenschein Zehntausende Besucher an – „Flora“ in neuem karnevalistischem Gewand

Feierte in diesem Jahr Premiere: Die „Flora“ in neuem karnevalistischem Gewand mit Bürgermeister Michael Antenbrink.
(Fotos: R. Dörhöfer)

 

FLÖRSHEIM (drh) – Auch wenn in den vorangegangenen Tagen einige Bäume gefällt wurden: Die Klapperstörche scheinen für ihre Brut viele Abladestellen im Ort gefunden zu haben. Wer sich den Fastnachtszug am Sonntag, 26. Februar, anschaute, konnte gleich mehrere Dutzend der gefiederten Babybringer erblicken. Flörsheims Babyboom und der damit einhergehende Mangel an Kita-Plätzen war das große Thema des närrischen Lindwurms 2017. Die Privatgruppe „Soko“ zeigte auf ihrem Wagen, wie Bürgermeister Michael Antenbrink und Erster Stadtrat Sven Heß selig schlummern, während Kleinkinder mit dem Spruch „Ich will rein“ in einen Laufstall turnten. Die Gruppe selbst hatte sich im Klapperstorch-Kostüm präsentiert und auch die Kradfahrer Felzünd waren dem Klapperstorch aufgesessen und präsentierten ein beeindruckendes Riesenexemplar auf ihrem Wagen. 

Tierisch auch die Themenwahl bei den Raabekazze, die sich als Dompteure zeigten, um den Zirkus der Politiker in den Griff zu bekommen. Ihr Motto: „En Zirkus mit viel große Tier, jeder kämpft um sei Revier. Ob in Flerschem, Weilbach, Wicker – wir lieben unsere Politiker“. – „Da sitzen sie wenigstens heute mal alle in einem Boot“, hieß es am Straßenrand, währenddessen die „Flora“ mit den Kommunalpolitikern im neuen karnevalistischen Gewand vorbei schipperte. An der Ehrentribüne fiel der Begrüßungskommentar: „Der Mast ist auch bisschen kürzer geworden, aber die Länge reicht. Nicht, dass noch ein Baum fallen muss.“

Die Wickerer „Wips“ griffen auch ein ortspolitisches Thema auf und schlugen im Vogelscheuchen-Kostüm vor: „Der Kreisel wird zur Streuobstwiese, da kann ganz Wicker ihn genieße.“ Einen Blick auf das Weltgeschehen warf die große Gruppe des Volksliederbundes, die reimte „Vieles wäre nicht so schwer, wenn die EU sich einig wär“ und dabei die Europaflaggen schwenkte. Das Geschehen um die EU karikierten auch die DJK-Fastnachter „Wandaale“. Sie zeigten sich als „Inselaffen“ am Mainstrand und schickten ihren ganz eigenen „Prinz Philipp Kartoffel“ und „Königin Lisbeth Margot“ ins Rennen. 

Dass der Rückzug von Pfarrer Jung auch noch nach Tagen des Bekanntwerdens die närrischen Gemüter bewegt, war am Wagen der Privatgruppe „Los Egalos“ zu lesen. Die Gruppe hatte den Schriftzug „Bringt der Kirche neuen Schwung, unser Pfarrer Sascha Jung“ an ihren Smiley-Wagen angebracht hatten. Jung selbst hatte sich gemeinsam mit dem 111-jährigen Jubiläumsverein KAB ins närrische Treiben gestürzt und vierfarbbunte Kostüme getragen. Mit kunterbunten Kostümen trugen auch die Gruppen „Altstadtborzeler“ und „Fantasie“ sowie die „Flerschemer Fassenachts Gesellschaft“ zum Zuggeschehen bei. Während die einen als riesige Fantasievögel daherkamen, trugen die anderen Tillkostüme oder lustige Schaumstoffzacken auf dem Kopf. 

In leuchtendem Gelb erinnerten die „Schmotzer“ an die Dienstagshexen, die auf dem kleinen Zug doch immer seltener zu sehen sind. „Weck, Worscht und Woi“ prangte auf dem Wagen des „Mooadels“, der es aufgrund eines Plattens nur bis in die Grabenstraße schaffte und sodann vom Zug ausrangiert werden musste. 

Die Teufel spielten beim Flörsheimer Carneval Verein am Umzug nur eine untergeordnete Rolle. Die FCVler präsentierten sich in weißen Engelsgewändern. Stolze 1000 Rosen verschenkten die Germania Dreamboys in ihrer Bachelor-Rolle in diesem Jahr an Auserwählte unter den Zuschauern. Die Flörsheimer Feuerwehr präsentierte ihr erstes eigenes Prinzenpaar, das ein Schlauchstück als Zepter mit sich führte. 

„Darfs ein bisschen Meer sein?“, fragte das Team der Caritas-Sozialstation und die Privatgruppe „Hipp de Bach – dripp de Bach“ stellte das CO²-freie Fortbewegungsmittel des fliegenden Teppichs vor. Wunschpunkte des Sams brachte die Kolpingfamilie unter die Narren, während sich die Privatgruppe „Becker“ als freche Früchtchen, die „Panzerotti-Gang“ als Pokemons und die „Zugvögel“ im schwarz-weißen Gewand unter die närrischen Teilnehmer mischten. 

Die Weilbacher waren mit einer wilden Horde des Carneval Vereins Weilbach, den Cowboys und Lollipops der „Gemütlichkeit“ und den Weilbacher Kerbeborsch im Zug vertreten. 

Ein echtes Pferd war unter den Zugteilnehmern nicht auszumachen, doch hatte der Flörsheimer Narren Club als Organisator zwei neue Pferde gemäß dem Schlachtruf „Hall die Gail“ ins Rennen geschickt. Die strahlenden Papp-Schimmel zogen die neue Sponsoren- und Ehrenkutsche zu Anfang des Zuges. Mit an Bord auch der Rüsselsheimer Oberbürgermeister Patrick Burghardt, der persönlich Hessentagsaufkleber unters Volk brachte. 

„Kaum stand er zweimal bei uns in Flörsheim auf der Bühne, hat er Blut geleckt und reiht sich ins närrische Treiben mit ein“, hatte Bürgermeister Antenbrink noch beim Aufmarsch der närrischen Gardekooperationen vor der Kulturscheune vor Zugbeginn verkündet. Kampflos hatte er dort den Narren den Schlüssel des Rathauses überlassen, wären die Kassen doch eh längst leer. Dennoch drohte Generalfeld- und Zugmarschall Heinz Schäfer damit, den Rathausneubau in närrischem Grün-Gelb zu streichen. Antenbrink wie Schäfer ergriffen Partei für die fastnachtlichen Aktivitäten von Pfarrer Sascha Jung: „Er muss weitermachen. Peppone kann ohne Don Camillo doch gar nicht“, und so luden Antenbrink und Schäfer den Pfarrer auch zur Abnahme der Parade der Garde mit ein. 

Im Jubiläumsjahr „5 x 11“ gab es keinerlei Beanstandungen an den Uniformträgern und so erteilte Schäfer die Freigabe zur Aufstellung am Zugweg, wo die ersten Zugteilnehmer wie die Flerschemer Vize- und Kerbeborsch und auch viele auswärtige Fastnachtsvereine nicht mehr lange auf den Zugbeginn zu warten hatten. Musikalisch wurde der Zug von zwölf Kapellen, allen voran der Flörsheimer Musikverein, begleitet. Zugnummer 151 erhielt das Team des Bauhofes, die bei einem Rekordzug mit 2500 Teilnehmern und einer Besucherzahl rund 30.000 Zuschauern alle Hände voll zu tun hatten, um die Stadt von Konfetti, Kamellenpapier und mancher Sekt- und Bierflasche wieder zu befreien. Auch auf der anschließenden After-Zug-Party rund um die Gallus-Kirche tummelten sich noch einmal knapp 1800 Besucher bei bester Stimmung.

 

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