Eine unsichere Zukunft trotz positiver Erinnerungen

Deutsch-Türkischer Freundeskreis Flörsheim feiert Jubiläum: Zehn Jahre Städtepartnerschaft

Die musikalische Gruppe "Sevgi und Merhaba" aus Dortmund begeistert die Gäste mit einem vielseitigen Liederprogramm.

Der Deutsch-Türkische Freundeskreis Flörsheim am Main e.V. kann auf eine mehr als zehnjährige Partnerschaft mit Güzelbahçe in der Türkei zurückblicken. Doch jüngste Entwicklungen werfen Schatten auf die Zukunft des Vereins, der für starken Gemeinschaftssinn und kulturellen Austausch steht.

Seit über einem Jahrzehnt bildet der Deutsch-Türkische Freundeskreis Flörsheim am Main eine tragende Säule der Städtepartnerschaft zwischen Flörsheim und Güzelbahçe. Im Jahr 2004 wurde der Freundschaftsvertrag geschlossen, 2011 wurde die offizielle Städtepartnerschaft bestätigt.

Das Jahr 2021 sollte ein besonderes Jubiläum markieren - zehn Jahre Partnerschaft. Doch die COVID-19-Pandemie zwang den Freundeskreis dazu, die geplanten Feierlichkeiten abzusagen, da die Gesundheit und Sicherheit der Mitglieder höchste Priorität hatten.

Doch nun wurde die Jubiläumsfeier in der Kulturscheune nachgeholt, bei der die Musikgruppe "Sevgi und Merhaba" aus Dortmund für den kulturellen Rahmen sorgte. Unter der Leitung der charismatischen türkischen Sängerin Sevgi Kahraman bot die Band, zusammen mit ihren drei Musikern, ein vielseitiges Liederprogramm. Dieses umfasste türkische Kompositionen aus der Klassik, der traditionellen Folklore und moderne Liedermacher.

Die Gäste in der Kulturscheune waren begeistert von der musikalischen Vielfalt und der herzlichen Atmosphäre, die an diesem denkwürdigen Abend geboten wurde. Die lange ersehnte Feier zum Partnerschaftsjubiläum verdeutlichte die Rolle von Kultur und Musik als verbindende Elemente zwischen verschiedenen Kulturen und Sprachen.

Die positive Stimmung wird jedoch durch die ungewisse Zukunft des Vereins getrübt. Der langjährige Vorsitzende, Anton Geisinger, wird bei der nächsten Hauptversammlung im November nicht erneut zur Wahl stehen, es bleibt fraglich, ob ein geeigneter Nachfolger gefunden wird. Darüber hinaus wurde angekündigt, dass im Januar eine weitere Hauptversammlung stattfinden wird, auf der über die Auflösung des Vereins entschieden wird. Sollte die Vereinsauflösung beschlossen werden, beabsichtigt Geisinger den Verein bis dahin weiterzuleiten. "Es ist bedauerlich, diesen Punkt erreicht zu haben. Die Partnerschaft mit Güzelbahçe bedeutete uns stets sehr viel, aber die Umstände zwingen uns zu dieser Entscheidung", erklärte Geisinger.

Auch die geplante Türkei-Reise, die über viele Jahre das Engagement des Vereins prägten, musste für dieses Jahr abgesagt werden. Dieser Beschluss wurde aufgrund mehrerer Gründe während einer Vorstandssitzung getroffen. Dazu gehören die zu geringe Teilnehmerzahl, steigende Ticketkosten und erhebliche Preiserhöhungen in den Hotels. Darüber hinaus hat der Verfall des Lira-Kurses die Planung erschwert, da verbindliche Restaurantpreise und Buskosten schwer festzulegen waren. "Wer mich kennt und weiß, dass ich mich seit 20 Jahren aktiv für diese Städtepartnerschaft engagiere, kann sich vorstellen, wie weh mir diese Entwicklung tut", ergänzte Geisinger.

Er persönlich hat über 30 Reisen in die Türkei unternommen, die dabei entstandenen Reisekosten hätten für einen Kleinwagen gereicht. Dennoch betonte er, dass die Erinnerungen und Erfahrungen, die er aus diesen Reisen mitgenommen hat, von unschätzbarem Wert sind. Während des anschließenden Dinners teilten auch langjährige Vereinsmitglieder wie Gerald Benisch ihre Erinnerungen und unvergesslichen Momente. "Während meiner sieben Reisen in die Türkei mit dem Verein konnte ich immer wieder neue Facetten dieses faszinierenden Landes entdecken", erzählt Benisch und berichtete von den Höhepunkten der Reisen.

Während der Reisen nach Güzelbahçe wurden die Mitglieder des Freundeskreises stets herzlich empfangen. Besondere Höhepunkte waren der lebhafte Fischmarkt, der Besuch des Kemeraltı-Basars in Izmir, ein Weinbergbesuch, das Oldtimer- und Motorräder-Museum in Torbali und das "Köstem Zeytinyagi Müzei", das weltweit größte Olivenöl-Museum. Die Reisen endeten mit einem Besuch im malerischen Dorf Birgi, das für seine klassische Architektur und seinen Weltkulturerbe-Status bekannt ist.

Als bezeichnende Anekdote erzählte Geisinger von einer Mitreisenden, die zunächst skeptisch war und meinte: "Herr Geisinger, ich möchte eigentlich nicht mitreisen. Ich fahre nur mit, weil mein Mann einmal in unsere Partnerstadt möchte." Doch nach nur drei Tagen in der Türkei änderte sie ihre Meinung und sagte: "Wir melden uns schon für die nächste Fahrt an. Das ist ja eine ganz andere Türkei." Diese Begegnung ereignete sich 2007, und trotz zwischenzeitlicher gesundheitlicher Rückschläge unternahm das Ehepaar danach noch vier weitere Reisen.

Ein weiterer Aspekt, der zur möglichen Vereinsauflösung beitragen könnte, ist die aktuelle Mitgliederstruktur: Derzeit sind 62 Mitglieder registriert, wobei das durchschnittliche Alter bei 70 Jahren liegt. Trotz Bemühungen, jüngere Mitglieder für den Verein zu gewinnen und das Interesse am Schüleraustausch zu wecken, blieben diese Versuche bedauerlicherweise erfolglos.

Ebenfalls konnte der angestrebte Schüleraustausch mit der Türkei im Jahr 2019 nicht realisiert werden, da sowohl das Interesse, als auch die erforderlichen finanziellen Ressourcen fehlten. Lehrer und Schüler in Flörsheim zeigten nur begrenztes Interesse an diesem Austauschprogramm, wobei die Vorliebe für andere Reiseziele wie die USA oder Frankreich ebenfalls eine entscheidende Rolle spielte. "Es ist bedauerlich, dass der Schüleraustausch nicht zustande kam. Wir hatten gehofft, die jüngere Generation in den Austausch einzubeziehen und die Verbindung zwischen den Schulen zu stärken", bedauerte Geisinger.

Sowohl Bürgermeister Bernd Blisch als auch sein Vorgänger Michael Antenbrink drückten ihr Bedauern über den aktuellen Zustand des Vereins aus. Nach der Ansprache des Bürgermeisters stimmte Antenbrink Blisch zu und betonte, dass es vielleicht nicht als Verein weitergehe, es aber andere Formate und Möglichkeiten geben werde, um die Verbindung zwischen Flörsheim und Güzelbahçe aufrechtzuerhalten.

Es bleibt die Zuversicht, dass die Partnerschaft weiterhin gut funktionieren wird, selbst wenn der Verein in seiner bisherigen Form nicht fortbesteht. Die persönlichen Erfahrungen von Mitgliedern wie Gerald Benisch unterstreichen die kulturelle und persönliche Bereicherung, die diese Partnerschaft und die Reisen in die Türkei gebracht haben.

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