Übernachtungen in Eiseskälte auf einem Baum gefällig?

Große Hochachtung vor den „Waldbesetzern“ haben die Flörsheimer BUNDler Jürgen Krichbaum, Bernd Zürn, Silvia Schober, Cäcilia Habicht sowie Tanja Hoffmann-Sabisch (v.l.).
(Foto: privat)

„Zwei Schlafsäcke übereinander, dann geht das schon“, informierte die junge Waldbesetzerin die staunenden fünf Aktiven des Flörsheimer BUND. Ihren Namen will sie nicht nennen, ihr Alter gibt sie mit „unter 25 Jahren“ an. Sie gehört zu den knapp ein Dutzend – überwiegend jüngeren Erwachsenen – die seit einigen Wochen im Treburer Wald ausharren. An der Stelle, die als Bannwald eigentlich streng geschützt ist, aber – wie viele Hektar zuvor – demnächst abgeholzt werden soll. Hier ist eine neue Autobahnabfahrt zum Terminal 3 des Frankfurter Flughafens geplant.

Bei meinen verschiedenen Besuchen hatte ich die „Waldbesetzer“ kennengelernt. Tief beeindruckt von ihren Bemühungen, die ungebremsten Waldzerstörungen der Fraport zu verhindern, war ich am vergangenen Sonntag (18. Februar, Anm. d. Red.) mit vier weiteren BUNDlern aus Flörsheim in das betreffende Waldstück in der Nähe des Langener Waldsees geradelt, und wir kamen nicht mit leeren Händen dort an: Reichlich vegane Lebensmittel und ein Geldbetrag wechselten dort die Besitzer.

Bei einem kleinen Rundgang erfuhren die Flörsheimer Umweltschützer, dass sich die Schlafplätze ihrer Gastgeber bis zu 17 Meter hoch in den Bäumen befinden. Erreichbar nur gut gesichert und mit Hilfe langer fester Seile. „Gewohnheitssache“, meinte einer von ihnen lässig. Die Besucher aus Flörsheim sahen das etwas anders. „Mein Ding wäre das nicht“, ist sich Tanja Hoffmann-Sabisch ganz sicher. Auch bei Silvia Schober hält sich die Sehnsucht nach einer Eisnacht in schwankender Höhe in engen Grenzen. „Muss nicht sein“, schiebt sogar Jürgen Krichbaum diese Idee weit von sich. Selbst bei der recht belastbaren und naturverbundenen Cäcilia Habicht löste diese Campingart keine Nachahmungsgefühle aus. 

Als ehemaliger Beamter hatte ich große Probleme, mir den Alltag der Aktivisten vorzustellen. Wasser (muss in Kanistern herbeigeschleppt werden), Toilette (Trocken-Bio-Plumpsklo), Kochen (offenes Holzfeuer), Waschen mit kaltem Wasser bei Temperaturen unter Null: Für Otto Normalverbraucher im 21. Jahrhundert eher eine Horrorvorstellung. Dass junge Menschen so etwas ohne Bezahlung und in ihrer Freizeit auf sich nehmen, nötigte den „etablierten“ Flörsheimer Besuchern großen Respekt ab. 

Auf ihrem Heimweg radelte man noch an der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Natzweiler vorbei. Tief bewegt von dem furchtbaren Schicksal der dort inhaftierten jüdischen Frauen aus Ungarn endete ein nicht alltäglicher Besuch auf der anderen Mainseite. 

Bernd Zürn, Weilbach

Durchschnitt: 5 (3 Bewertungen)


X