Ernüchternd und zweifelhaft

Verein Für Flörsheim informierte über das CASA-Programm der Fraport

Flörsheim (brs) - Mit großem Interesse der Flörsheimer an dem Infoabend im Gasthaus zum Hirsch hatte der ausrichtende Verein „Für Flörsheim“ gerechnet.

Die fünfzig Sitzplätze waren schon lange vor Beginn besetzt, sodass für die fast gleiche Anzahl noch zusätzliche Sitzgelegenheiten herangeschafft werden mussten. Trotzdem standen noch Zuhörer auf dem Flur und Balkon. Als Referent konnte Hans Jakob Gall den Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Dr. Lars Diederichsen, begrüßen. Dieser begann seinen Vortrag „Fraport Casa- Ein (un)moralisches Angebot“ mit einem Überblick über den Stand der Verfahren zum Flughafenausbau. Die Landebahn Nordwest soll im Oktober 2011 in Betrieb genommen werden. Der Planfeststellungsbeschluss vom 18.12.2007 ist noch nicht bestandskräftig. Über die anhängigen Klagen, die im Übrigen keine aufschiebende Wirkung haben, wird erst Ende des Jahres vom Bundesverwaltungsgericht eine Entscheidung zu erwarten sein. Umstritten ist das Nachflugverbot, das der Hessische Verwaltungsgerichtshof als unzulässig erklärte. Dagegen richtet sich die Revision des Landes Hessen. Bei dem CASA-Programm der Fraport handelt es sich um ein freiwilliges Ankauf- und Ausgleichzahlungsprogramm, das der Flughafenbetreiber den Eigentümern von Wohnimmobilien in Flörsheim und Kelsterbach unterbreitet, die besonders betroffen sind. In den (zweifelhaften) Genuss kommen Eigentümer, die ihre Wohnimmobilie vor dem 10.Juni 2002 erworben haben oder den Bauantrag eines fertigen Wohnhauses gestellt haben. Die Immobilie muss in einem von Fraport definierten 180 Meter breiten Streifen im direkten Anflug der Landebahn liegen. Die Eigentümer können zwischen Ankauf und Ausgleichszahlung wählen. Den Kaufpreis legt Fraport nach einem von ihnen bestellten Gutachten fest. Den Eigentümern wird keine Einsicht in das Wertgutachten gestattet. Eigene Gegengutachten werden ebenfalls nicht akzeptiert. An die beschriebene Kernzone grenzen zwei weitere jeweils 60 Meter breite Übergangszonen. Für diese Grundstücke wird kein Kaufangebot unterbreitet. Deren Eigentümer erhalten auf Wunsch eine Entschädigung. Für die Kernzone zahlt Fraport pro Quadratmeter Wohnfläche einmalig 150 Euro, für die erste Übergangszone 100 Euro und in Zone zwei nur noch 50 Euro. Dafür wird im Grundbuch dem Flughafenbetreiber das Recht der Überflüge eingeräumt und alle Belastungen wirtschaftlicher Natur sind ausgeglichen. Die Annahme der Zahlung bewirkt den Verzicht auf bestehende und zukünftige Klagen gegen den Überflug. Mehrfach betonte der Fachanwalt die Freiwilligkeit des Fraport- Angebotes und riet, die Frist für eine Antragstellung von einem Jahr ab der Inbetriebnahme der neuen Landebahn auszunutzen. In der folgenden Fragerunde bezeichneten viele der Zuhörer das Angebot nicht nur unmoralisch sondern als sittenwidrig. Juristisch betrachtet handelt es sich aber um ein Angebot, das freiwillig ist und keiner annehmen muss. Die Chance, Fraport zu einem besseren Angebot mit einer Sammelklage zu zwingen bezeichnete Diederichsen als unrealistisch. Das Casa-Programm, so bestätigte er aber, schließt die Teilnahme an den Schallschutzmaßnahmen nicht aus. Über die steuerliche Bewertung der Zahlungen wollte sich der Anwalt nicht äußern und verwies auf Steuerberater. Bei dem Wunsch ein eigenes Gutachten zum Wert der Wohnimmobilie erstellen zu lassen, signalisierte Dr. Diederichsen, im Einzelfall Empfehlungen für vereidigte Sachverständige zu geben. Der Vereinsvorsitzende Hans Jakob Gall zeigte sich enttäuscht, dass keine gemeinsame Aktion möglich ist und jeder selbst für sich kämpfen muss. Er kündigte die Einrichtung einer Lärmmessstation an der Kreuzung Rheinallee und Weilbacher Straße an. Die Daten werden im Internet abrufbar sein und eine Aussage über die Entwicklung der Lärmbelastung nach Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest ermöglichen.

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