Flörsheim im Krisenmodus Coronavirus: Stadt sagt alle Veranstaltungen ab / Schulen und Kitas geschlossen / Vereinsleben eingefroren

Coronavirus: Stadt sagt alle Veranstaltungen ab / Schulen und Kitas geschlossen / Vereinsleben eingefroren

Plötzlich ging alles ganz schnell – schneller als erwartet. Noch am Mittwochnachmittag der letzten Woche war durchaus davon auszugehen, dass der Alltag in Flörsheim im Großen und Ganzen wie gewohnt weitergehen wird, dass zum Beispiel die Veranstaltungen der nächsten Tage wie angekündigt stattfinden und Dienstleistungen wie gewohnt angeboten werden. Trotz der sich überschlagenden Nachrichten bezüglich der weltweiten Ausbreitung des Coronavirus, trotz der drastischen Maßnahmen in Italien, die sich inzwischen noch verschärft haben, trotz der auch hierzulande grassierenden Hamsterkäufe. Flörsheim ist, wie alle anderen Städte und Gemeinden dieses Landes, im Krisenmodus.

Am Donnerstagvormittag hatten Bürgermeister Dr. Bernd Blisch und Erste Stadträtin Renate Mohr zu einem Pressegespräch in das Magistratssitzungszimmer geladen, um über den (damaligen) Stand der Dinge zu informieren. Diesem Termin war am Vorabend eine außerordentliche Dienstversammlung aller Bürgermeister und Ersten Stadträte des Main-Taunus-Kreises vorausgegangen. Anlass der Sondersitzung waren die vom Kreis angeordneten und empfohlenen Maßnahmen, die zu einer langsameren Ausbreitung des Coronavirus führen sollen. Dazu gehört das – zunächst – bis zum Ende der Osterferien (19. April) gültige Verbot von Versammlungen beziehungsweise Veranstaltungen, bei denen 1.000 Personen oder mehr zu erwarten sind. Auch von wesentlich kleineren Zusammenkünften sollte laut Kreis besser abgesehen werden. Hierfür hätten sich auch die Rathausspitzen der zwölf MTK-Kommunen ausgesprochen, berichtete Bürgermeister Blisch.

In Konsequenz wurden von der Stadt Flörsheim sämtliche öffentliche Veranstaltungen, sei es die Stadtverordnetenversammlung, die Kulturfahrt nach Bonn oder die ausverkaufte Lesung mit Walter Renneisen im Flörsheimer Keller, sicherheitshalber abgesagt. Es werde versucht, Ersatztermine zu finden, sagte der Bürgermeister, sollte dies bei den städtischen Kulturveranstaltungen nicht gelingen, müsse die Stadt gegenüber den Künstlern und den Zuschauern für den Ausfall aufkommen.

Die Vereine gehen ebenfalls auf Nummer sicher. Etwa der FNC, der das für den 14. März angesetzte Garde- und Showtanzturnier in der GSG-Ballsporthalle absagte, zu dem immerhin 600 Teilnehmer erwartet wurden. Oder der Verein Krake, der seinen Konzertabend in der Rangierbar am Bahnhof ausfallen ließ. Den Vereinen könne die Stadt nur dazu raten, auch auf Mitgliederversammlungen, Übungsstunden oder ähnliches zu verzichten, vorschreiben könne sie es ihnen nicht, fügte Blisch hinzu; so würden den Vereinen die beispielsweise zur Probe oder zum Training benötigten Räume weiterhin zur Verfügung stehen. Die Stadt werde die Vereine sowohl telefonisch als auch schriftlich kontaktieren und sie über den Sachstand informieren. Mit Erfolg, sozusagen – das Flörsheimer Vereinsleben ist mittlerweile eingefroren.

Kalt erwischt wurde auch die CDU Flörsheim, die am 14. März ihr 75. Jubiläumsjahr im Rahmen eines Jahresempfangs feiern wollte. Angesichts der besonderen Situation hatten sich die Christdemokraten dazu entschlossen, die im gesamten Stadtgebiet plakatierte Veranstaltung zu verschieben. "Wir folgen mit der Absage den vielen Empfehlungen und abgesagten Veranstaltungen. Durch die erhöhte Ansteckungsgefahr des Virus sehen wir uns gezwugen, der Empfehlung des Gesundheitsamts des Main-Taunus-Kreises zu folgen und schweren Herzens unseren Jahresempfang abzusagen", teilte die CDU am Abend des 11. März der Presse mit. "Wenn sich die Lage normalisiert hat, werden wir uns im CDU-Vorstand beraten, einen alternativen Termin festlegen und somit die Veranstaltung nachholen."

"Wir werden Lösungen finden"

Auch die mit Spannung erwartete Bürgerversammlung zum Fortgang des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes, die am Montagabend stattfinden sollte, fiel aus. Ein neuer Termin steht noch nicht fest.

Nachgeholt werden auch die Themen, die auf der Tagesordnung der gestrichenen Stadtverordnetenversammlung vom 12. März standen. Glücklicherweise hätte nichts "wirklich Dringendes" zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegen, meinte Blisch; das dürfte die SPD etwas anders sehen, die bezüglich der Teilung der Jahnstraße immerhin einen Dringlichkeitsantrag einbringen wollte. So oder so hätte, wie bei jeder Sitzung des Stadtparlaments, Öffentlichkeit hergestellt, also Publikum zugelassen werden müssen, was aber aus Sicht der Stadt in dieser Situation nicht zu verantworten gewesen wäre. Nach Rücksprache mit dem Stadtverordnetenvorsteher sei man übereinstimmend zu dem Schluss gekommen, auf die Durchführung der Sitzung zu verzichten, so Blisch.

Allerdings stehen in der nächsten Sitzungsrunde, die regulär am 20. April beginnt, zumindest zwei Beschlussvorlagen an, die zwingend entschieden werden müssen. Es handelt sich um Beschlüsse zu den Sanierungs- beziehungsweise Bauprojekten "Rathausvilla" und "Kita Pusteblume". "Hier sind Fristen zu beachten, die zum Abrufen von Fördergeldern einzuhalten sind", erklärte Erste Stadträtin Renate Mohr. Vielleicht hat sich die Situation bis dahin wieder normalisiert, vielleicht aber auch nicht. "Wir werden in Zusammenarbeit mit dem Stadtverordnetenvorsteher und den Fraktionen auf jeden Fall Lösungen finden", zeigte sich Mohr zuversichtlich.

Durch den Magistrat, der sich weiterhin treffen soll, ist eine Beschlussfassung weiterhin möglich. Die Fraktionsspitzen könnten im Vorfeld der Stadtverordnetenversammlung über die Vorlagen des Magistrats beraten und würden sodann öffentlich – ohne Aussprache – abstimmen. Die Sitzung wäre entsprechend zügig vorbei, Öffentlichkeit wäre rein formal gewährleistet. Eine Notlösung, durch die Stadt und Parlament handlungsfähig bleiben würden.

Da ist guter Rat teuer

Ende letzter Woche überschlugen sich die Ereignisse. "Wir werden auf keinen Fall ein Risiko eingehen", betonte die Erste Stadträtin Renate Mohr während des Pressegesprächs mit Blick auf die Kinderbetreuungseinrichtungen, für deren Betrieb die Stadt verantwortlich zeichnet. "Eine Schließung der Kitas hätte natürlich weitreichende Konsequenzen. Das ist eine Riesenwelle – die lösen wir aber aus, wenn's sein muss." Das Land nahm der Stadt die Entscheidung schnell ab. Während die Erste Stadträtin noch am Donnerstag meinte, dass die Kinderbetreuungseinrichtungen bis zum Nachweis eines konkreten Corona-Falls geöffnet blieben, wurde bereits am darauffolgenden Tag durch die hessische Landesregierung die sofortige Schließung der Kindertagesstätten und Schulen bis zum Ende der Osterferien angeordnet.

Die Eltern, sofern nicht beide sogenannten systemrelevanten Berufen nachgehen, haben keinen Anspruch auf Notbetreuung. Da ist guter Rat teuer. Eltern helfen sich untereinander, auch Großeltern und Freunde springen bei der Kinderbetreuung ein. Damit handeln sie zwar im Sinne des von Bürgermeister Blisch ausgegebenen Wahlkampfmottos "Gemeinsam", jedoch gegen die dringende Empfehlung des Robert-Koch-Instituts, möglichst viel Abstand zwischen die Leute zu bringen. Abgesehen von extralangen Telefongesprächen statt geselligen Treffen mit Freunden oder Einkäufen, die jüngere Leute für Angehörige der Risikogruppe "50plus" tätigen und jenen vor die Tür stellen sollen, gestaltet sich ein Miteinander ohne einander recht schwierig. Der Coronavirus verkompliziert alles und macht vieles unmöglich.

Von den Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus ist freilich auch die Stadtverwaltung betroffen. Bürgernähe hat in diesen Zeiten eine andere Bedeutung als im Normalzustand, den – und das ist zur Abwechslung eine gute Nachricht – die meisten Leute nun erst so richtig zu schätzen wissen. Um Ansammlungen im Wartebereich des Stadtbüros zu vermeiden, sollen sich die Leute telefonisch einen Termin geben lassen, sagte der Bürgermeister. "Wir schicken aber niemanden weg, der ein Anliegen hat und ohne einen Termin ins Stadtbüro möchte", so Blisch. Höchstens kurzfristig, zum Spazierengehen, wenn zu viele Leute warten würden.

Auch die Arbeit in den Ämtern geht weiter, obschon die Rahmenbedingungen denkbar ungünstig sind. Überhaupt sei die Stadt, etwa durch die Stabsstelle Brand- und Katastrophenschutz, organisatorisch gut aufgestellt, sagte Blisch. Für die Einrichtung eines Krisenstabs gebe es daher keine Notwendigkeit. Die Kommunikation, auf die es bekanntermaßen in jeder Krise besonders ankommt, funktioniert laut Bürgermeister reibungslos. Das gelte auch für die Verständigung mit den Amtskollegen in den MTK-Kommunen. Am 25. März wollen sich die Rathausspitzen des Main-Taunus-Kreises erneut treffen und das weitere Vorgehen beraten. Ein Ende der besonderen Sicherheitsmaßnahmen vor dem 19. April ist aber angesichts der aktuellen Entwicklung sehr unwahrscheinlich. Wann wieder Normalität einkehrt, kann gegenwärtig nicht seriös beantwortet werden. Bürgermeister Blisch äußert sich dementsprechend vorsichtig: "Der Alltag ändert sich. Mal sehen, wie lange."

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