Eine ganze Klasse musste in Quarantäne

In der ersten Schulwoche traten im Main-Taunus-Kreis die ersten Coronabefunde unter Schülern auf

Die Schulen laufen mit Abstrichen wieder im Regelbetrieb, Absperrungen wie auf diesem Bild vom Frühjahr an den Sitzbänken auf dem Pausenhof des Stauffenberg-Gymnasiums sind inzwischen verschwunden. Es kann kaum verwundern, dass trotz aller weiter geltenden Vorsichtsmaßnahmen Fälle von Coronanachweisen bei Schülern oder Lehrern vorkommen. Noch, betont das Gesundheitsamt, sind erneute Schulschließungen nicht zu befürchten.

Die Zahlen sind in den jüngsten Wochen wieder deutlich problematischer geworden, offenbar ist die befürchtete zweite Corona-Welle in Deutschland angekommen. Die Urlaubsrückkehrer, aber mehr noch die nachlassende Disziplin besonders der jungen Menschen beim Einhalten den Abstandsregeln und der Maskenpflicht machen die Forscher für den deutlichen Anstieg des Infektionsgeschehens seit Anfang des Monats verantwortlich. Das kommt nicht völlig überraschend, in einem gewissen Maße war dies mit den Lockerungen der Schutzvorschriften einkalkuliert - aber der Zuwachs an positiven Befunden muss im Rahmen bleiben.

Dass es nicht völlig auszuschließen ist, dass trotz aller Gedanken, Pläne und Maßnahmen positive Nachweise in den Alltag eingreifen, diese Erfahrung machen derzeit auch die Schulen im Main-Taunus-Kreis. Am Ende der ersten Schulwoche nach Ferienende meldete die Kreisverwaltung gleich vier Corona-Befunde an ihren Einrichtungen, zweimal waren davon Flörsheimer Schulen betroffen. Sowohl in der Riedschule als auch der Sophie-Scholl-Schule gab es je einen Befund, es sind zwei Geschwisterkinder. Das dritte Geschwisterkind der Familie, das in die Hattersheimer Heinrich-Böll-Schule geht, war Fall Nummer drei.

Der vierte Fall ist ein Gruppenbetreuer der Hofheimer Heiligenstockschule. Besonders weil alle drei Schüler aus einer Familie stammen, klingt es bei diesen ersten Vorkommnissen nicht so, als müssten die Schulen nun mit massenhaften Positivbefunden rechnen. Die Konsequenzen aus den beschriebenen Fällen sind unterschiedlich ausgefallen. Die Leitung der Sophie-Scholl-Schule hatte sich dafür entschieden, die in den Schulgebäuden überall geltende Maskenpflicht auch auf den Unterricht, sprich die Klassensäle auszuweiten. Das hat nun den Vorteil, dass neben dem infizierten Kind lediglich die direkten Banknachbarn mit in die Quarantäne geschickt werden mussten, ebenso war dies in der Böll-Schule der Fall. Die betroffene Klasse der Riedschule hingegen, die keine Maskenpflicht im Unterricht beschloss, muss derzeit komplett zu Hause bleiben.

Der Schulbetrieb sei aktuell nirgendwo im Kreis gefährdet, betont die Kreisverwaltung. Wie Gesundheitsdezernentin Madlen Overdick erläuterte, werde bei den betroffenen Schülern fünf Tage nach Beginn der Quarantäne ein erneuter Coronatest durchgeführt und registriert, ob das Kind Symptome zeigt. Es ist dem Kreis mit dem Gesundheitsamt als verantwortlicher Behörde allerdings klar, dass sich mit staatlicher Kontrolle und Eindämmungsmaßnahmen alleine die aktuelle, schlechte Entwicklung nicht stoppen lassen wird. Landrat Michael Cyriax und Overdick appellieren daher an Schüler, Eltern „und alle anderen Bürger, durch verantwortliches Verhalten einen Beitrag zu leisten, Corona einzudämmen“.

Eltern und die Schüler sollten bei Verdachtsfällen Tests machen lassen, die Kinder nicht in die Schule geschickt werden, bis das Ergebnis vorliegt, auch Außenkontakte sollten solange vermieden werden. „Wenn die Entwicklung so weitergeht, müssen wir uns leider darauf einstellen, dass es jetzt immer wieder Fälle an Schulen geben kann“, stellt Overdick klar, dass weitere Vorfälle dieser Art in der nächsten Zeit möglicherweise nicht zu vermeiden sein werden.

Hessen hat sich jüngst zu einem Hotspot des Anstiegs der Infektionszahlen entwickelt. Warum das so ist, ist schwer zu sagen, die Problemlage konzentriert sich bisher aber auf die größeren Städte. Hanau und Offenbach sind zuletzt mit explodierenden Zahlen in den Fokus gerückt. Die einstmals als kritisch festgelegte Inzidenzzahl 50 (Coronanachweise innerhalb einer Wochen auf 100.000 Einwohner umgerechnet), von der alle Landkreise und Städte lange Zeit weit weg war, ist aktuell in Offenbach klar übersprungen worden, 71 neue Fälle in den vergangenen sieben Tage bedeuten (Stand: Dienstag) in der 130.000-Einwohner Stadt eine Inzidenz von 54,1.

Es ist aktuell die einzige Kommune in Hessen mit einem Wert über 50. Nach Offenbach ist auch derzeit die Landeshauptstadt besonders stark betroffen, Wiesbaden meldete zuletzt eine Inzidenz von 40,9. Es folgt Frankfurt mit einem Wert von 31,4. In Darmstadt hingegen bleiben die Zahlen (Inzidenz: 13,8) bisher vergleichsweise niedrig und liegen gar unter dem Landesschnitt von 17,1. Hessenweit wurden zwischen dem 18. und 25. August 1.073 neue Fälle registriert.

Der Main-Taunus-Kreis liegt mit einer Inzidenz von 11,7, die sich aus 28 neuen Fällen innerhalb einer Woche errechnet, deutlich darunter. Der auf der anderen Mainseite gelegene Kreis Groß-Gerau hätte diese Zahlen auch gerne, ist aber mit einem Wert von 30,1 aktuell der am stärksten betroffene Landkreis in Hessen – dort gab es zuletzt 83 positive Befunde.

Das Beruhigende an der jüngsten Entwicklung: Die Todeszahlen bleiben bisher deutschlandweit sehr niedrig. Am Dienstag wurden bundesweit fünf neue Coronaopfer gezählt – fast unglaublich niedrige Werte, wenn man bedenkt, dass in den USA alleine am Dienstag 570 Tote registriert wurden, in den Tagen zuvor aber auch schon mehr als das Doppelte zu beklagen war. Es bleibt in Deutschland zwar abzuwarten, ob die erhöhten Infektionszahlen nicht auch zu wieder deutlich mehr Toten führen. Da die Zahl der nachgewiesenen Fälle schon seit mehr als drei Wochen deutlich ansteigt, müsste das jedoch längst der Fall sein, wäre das Geschehen mit dem vom März und April vergleichbar. Doch Deutschland ist derzeit weit vom damaligen Spitzenwert entfernt: Laut WHO-Daten war dies der 16. April mit alleine an diesem Tag 315 Coronatoten.

Im Main-Taunus-Kreis gab es in den vergangenen Wochen keinen weiteren Todesfall, seit der Aufzeichnung sind in den zwölf Kommunen demzufolge 15 Menschen an dem Virus verstorben, darunter zwei Flörsheimer. In Hessen wächst diese Zahl ebenfalls nur sehr langsam, an vielen Tagen etwa wird momentan gar kein neu Verstorbener gemeldet – es ist die bange Frage, ob dies trotz des erhöhten Infektionsaufkommens so bleibt. Bisher melden die Krankenhäuser freie Kapazitäten auf den Corona-Stationen, auch schwere Krankheitsverläufe scheint es aktuell nur wenige zu geben. Möge dies so bleiben.

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