Gründe, die etwa im März zu erwartenden neuen fliegenden Schützenhaus-Untermieter außerdem mit einer kleinen Ausstellung im Vereinsheim der Schützen zu feiern, gibt es genug: 2011/2012 ist nämlich das von den Vereinten Nationen ausgerufene „Jahr der Fledermaus“, 2012 feiert der Schützenverein zudem sein 100-jähriges Bestehen, das Vereinsheim der Schützen zählt in diesem Jahr 50 Lenze und als Krönung des Ganzen wurde der Ort Weilbach vor 900 Jahren das erste Mal urkundlich erwähnt.
Aus lange vergangenen Zeiten stammt auch ein Aberglaube, der gerade die Schützen in eine besondere Beziehung zu den Fledermäusen setzt: da die zielsicheren Flugmanöver und die treffsicheren Beutegriffe der Fledermäuse, für die es damals noch keine Erklärung gab, sehr bewundert wurden, versuchten die Schützen die Flug- und Treffeigenschaften ihrer Kugeln durch das Wälzen in Fledermausblut und die Beimischung von getrockneten und gemahlenen Fledermäusen ins Schießpulver zu erhöhen. Das erzählte jedenfalls Michael Orf von der Unteren Naturschutzbehörde des Main-Taunus-Kreises den Gästen des Empfanges anlässlich der Ausstellungseröffnung am 21. Januar im Schützenhaus Weilbach. Orf machte den zahlreich zur Ausstellungseröffnung erschienenen Gästen deutlich, dass Fledermäuse viele verschiedene Quartiere im Jahresverlauf brauchen, da sie etwa für die Balz andere Orte bevorzugen als für die Jungenaufzucht. Auch ihre Ruheplätze im Sommer unterscheiden sich von denen im Winter, den sie komplett verschlafen. Viele Fledermausarten sind an Menschen gewöhnt und suchen sich gerne Schlafplätze in Gebäuden.
Orf überreichte dem Vorsitzenden des Weilbacher Schützenvereines im Namen des NABU Hessen und der Stiftung Hessischer Naturschutz eine Urkunde, ein Buch über Fledermäuse und eine Plakette, die das Schützenhaus nun als „Fledermausfreundliches Haus“ ausweist. „Es müssen meist nur Kleinigkeiten geändert werden, oft reicht es sogar aus, einfach eine Einflugmöglichkeit zu schaffen, um Fledermäusen ein adäquates Quartier zugänglich zu machen“, erklärte Michael Orf.
Der Raum über der Gaststätte und dem Schießstand der Weilbacher Schützen wurde zunächst einfach ausgeräumt, dann wurden zusätzlich zu den Dachbalken mit rohen Vierkant-Hölzern und sogenannten „Spaltquartieren“ weitere Hängemöglichkeiten für Fledermäuse geschaffen und es wurde ein Einflugloch in der Form einer Fledermaus in die Tür zum Dachboden gesägt. Diese Maßnahmen wurden im Hinblick auf die zu erwartenden Fledermausarten (in Hessen sind mindestens 14 verschiedene Arten heimisch) und deren Schlaf- und Brutpflegegewohnheiten von Anfang an mit den Experten der Naturschutzbehörde und vom NABU abgestimmt. Daher kann man hoffen, dass die neuen Fledermaus-Heime sogar als Wochenstube für die Aufzucht von Jungtieren genutzt werden. „Das braucht vielleicht ein bisschen Zeit, aber es gehen immer mehr Quartiere verloren, und so müssen sich immer mal wieder die eigentlich quartierstreuen Tiere auf die Suche nach neuen Schlafplätzen machen“, weiß Roland Nußbaumer. „Dabei werden sie sicher auch irgendwann das neue Angebot auf dem Speicher des Schützenhauses entdecken.“
Sobald die erste Fledermaus das Schützenhaus erkundet hat, kann man damit rechnen, dass weitere Flattertiere dort einziehen werden. Fledermäuse kommunizieren nämlich miteinander und teilen sich mit, wo es gute Schlafplätze gibt. „Das ist dann ungefähr so, wie wenn man als Mensch eine gute Kneipe entdeckt – der Buschfunk läuft dann genauso an“, erläuterte Nußbaumer lachend. Um die Tiere nicht zu stören, wird man den Dachboden nun bis zum nächsten Winter nicht mehr betreten und erst dann anhand der – im Übrigen leicht wieder wegzufegenden und als Dünger gut nutzbaren – Hinterlassenschaften der Fledermäuse in etwa nachvollziehen können, wie gut das neue Quartier genutzt wurde. Man könne den Speicher auch getrost solange unbeaufsichtigt lassen, die neuen Bewohner würden keinen Schaden etwa an der Bausubstanz anrichten, es werde alles so bleiben wie es ist.
Die Ausstellung zum Thema Fledermaus wurde von Roland Nußbaumer interessant und liebevoll gestaltet: neben Leihgaben aus dem Naturschutzhaus Weilbacher Kiesgruben und von Hessenforst hat er Beispiele zusammengetragen, wie Fledermäuse durch ihre früher als „mythisch“ angesehenen Fähigkeiten die Fantasie von Schriftstellern und Musikern angeregt haben. Selbst einige Exemplare der sicher nicht vom Aussterben bedrohten „Lania Haribonis“ (auch bekannt als „Weingummi-Fledermaus“) tummeln sich farbenfroh unter Glas. Besonders faszinierend anzuschauen sind die Leihgaben aus dem Senckenberg-Museum: ein fragiles Fledermaus-Skelett und ein Fledermaus-Fossil, welches in der Grube Messel gefunden wurde und stolze 47 Millionen Jahre alt ist. Dass diese Exponate in Weilbach zu sehen sind, ist Frau Dr. Rabenstein vom Senckenberg-Museum zu verdanken, die es sich nicht nehmen ließ, selbst zur Eröffnung der Ausstellung nach Weilbach zu kommen. Sie weiß, dass Fledermausschutz nur funktionieren kann, wenn er von möglichst vielen Menschen getragen wird und war daher gerne bereit, denen, die sich dafür engagieren, entgegenzukommen, um mit den ganz besonderen Ausstellungsstücken vielleicht noch mehr Interesse an den Tieren zu wecken.
Selbstverständlich hat Roland Nußbaumer auch eine Menge an Informations-Flyern zum Thema Fledermaus zusammengetragen – darunter auch einen, der Auskunft darüber gibt, wie jeder Hauseigentümer aus seinem eigenen Haus ein „Fledermausfreundliches Haus“ machen kann – der NABU Hessen gibt dazu auch gerne Auskunft.
Die Fledermaus-Ausstellung im Vereinsheim des Schützenvereins in Weilbach in der Mainzer Straße ist noch bis zum 19. Februar 2012 freitags von 18 bis 22 Uhr, samstags von 14 bis 18 Uhr und sonntags von 9 bis 12 Uhr zu besichtigen.
Auch wenn man auf die Fledermäuse noch bis zur Beendigung ihres Winterschlafes etwa im März warten muss, kann man bereits jetzt Tiere in der heimischen Natur beobachten: der BUND Flörsheim bietet am Samstag, 28. Januar, Kindern die Gelegenheit, bei einer kleinen Nachtwanderung Steinkäuze zu belauschen. Treffpunkt ist um 18 Uhr an der Bad Weilbacher Schwefelquelle. Weitere Auskunft dazu gibt Cäcilia Habicht unter der Telefonnummer 06145–30720.
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