Früher Streit um Elterntaxis

Verkehrserschließung der neuen Grundschule im Südring: Koalition lehnt Antrag des Ausländerbeirats ab

Der neue Schulstandort befindet sich südlich des Südrings, in östlicher Verlängerung der Spindelstraße.

Im Nachgang zur Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 15. Juli hat sich der Hattersheimer Ausländerbeirat intensiv mit der Verkehrserschließung der neuen Grundschule im Südring beschäftigt. Mit dem Ergebnis, dass man die Notwendigkeit einer Erschließungsstraße zu Bringen und Abholen der Schulkinder mit dem Automobil grundsätzlich in Frage stellt. Deshalb hat der Ausländerbeirat zur aktuellen Sitzungsrunde einen Antrag vorgelegt, demzufolge der Magistrat eine Informationsveranstaltung zum Thema "Zu Fuß zur Schule“ von einer entsprechend fachlich befähigten Organisation durchführen lassen soll. Ebenso solle er eine Befragung der Eltern durchführen, um herauszufinden, ob die Idee einer Grundschule ohne Zubringerstraße dort auf fruchtbaren Boden fällt.

Mit diesem Antrag soll nun zunächst grundsätzlich festgestellt werden, ob der Ausländerbeirat mit dieser Sichtweise alleine dasteht, oder ob es seitens der Bevölkerung und insbesondere der Elternschaft der künftigen Schülerinnen und Schüler Unterstützung für diesen Vorstoß gibt, erläuterte der stellvertretende Ausländerbeiratsvorsitzende Chris Savage im Rahmen der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Bauen und Verkehr am 2. November.

Savage fügte hinzu, dass man ja auch in Hattersheim die Verkehrsbelastung und vor allem den motorisierten Individualverkehr reduzieren wolle. Die Situation zur Verkehrsanschließung der neuen Grundschule im Südring sei schwierig: Es müsste zunächst kostspielig eine neue Straße gebaut werden: In Gesprächen mit dem Bürgermeister sei von einem Betrag von über einer Million Euro die Rede gewesen.

Der Ausländerbeirat könne sich Savage zufolge in dieser Sache sehr gut eine andere Regelung vorstellen, nämlich dass die Kinder die Schule eben nur zu Fuß, mit dem Rad oder eventuell auch mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) erreichen können sollen und damit der Bau dieser Erschließungsstraße vermieden wird. Dies sei zumutbar, weil innerhalb des angedachten Schulbezirks der Wohnabstand zur Schule maximal 1,4 Kilometer betragen wird.

Eine solche Entscheidung könnte nach Ansicht von Chris Savage auch eine Art Signalwirkung für die anderen Grundschulen in allen drei Stadtteilen entfalten und diesen aufzeigen: Es ist möglich, zu Fuß zur Schule zu gehen.

Bürgermeister Klaus Schindling erinnerte daran, dass mit der Fertigstellung der neuen Grundschule erst in drei bis vier Jahren zu rechnen sei und es daher aktuell nur schwer möglich wäre, ein passgenaues Stimmungsbild der Eltern, deren Kinder die Schule dann besuchen sollen, einzufangen. Sollte dieser Antrag also eine mehrheitliche Unterstützung im Stadtparlament finden, wäre es für den Magistrat kaum möglich zu ermitteln, an welche Eltern man sich diesbezüglich wenden soll. Die Schulbezirke wurden zwar bereits vordefiniert, aber in diesem langen Zeitraum wird es unweigerlich zu einigen Weg- und Zuzügen kommen.

Notwendige Erschließung

Nach Ansicht des FWG-Fraktionsvorsitzenden Oliver Wiendl ist die Schaffung einer infrastrukturellen Anbindung der neuen Grundschule unerlässlich. Wie sonst sollen beispielsweise im Notfall die Feuerwehr oder der Notarzt zur Schule gelangen? Die Motivation des Ausländerbeirats zu diesem Antrag könne er zwar nachvollziehen und die Reduzierung des ausufernden Verkehrs von Elterntaxis ist ein wichtiges und notwendiges Thema. Dennoch müsse hier eine Zuwegung stattfinden, so Wiendl. Und der festgelegte Schulbezirk sorge bereits dafür, dass die Schule zu Fuß sehr gut zugänglich sei - was aber eben nicht verhindere, dass trotzdem eine Infrastruktur geschaffen werden muss, und dies nicht in erster Linie für familiäre Chauffeurdienste.

Zudem wies Wiendl darauf hin, dass es im Zuge des Bauleitverfahrens ohnehin noch die Möglichkeit gibt, sich zum dortigen Bau und der Errichtung einer Zubringerstraße zu äußern - deshalb braucht man seiner Ansicht nach auch keine zusätzliche Informationsveranstaltung und keine gesonderte Befragung, die noch dazu möglichst den Verzicht auf den Bau dieser Straße bewirken soll. Im Namen der regierenden Koalition kündigte Oliver Wiendl folgerichtig an, dass CDU, FDP und FWG den Antrag des Ausländerbeirats nicht unterstützen werden.

Information und Prävention

Nathalie Ferko von den Grünen witterte hier ein Missverständnis: Ihrer Interpretation zufolge liegt das Ziel des Antrags darin, den Bau von zusätzlichen Straßen oder Hol- und Bringzonen und damit quasi eine besondere Einladung für Elterntaxis zu verhindern, und nicht um die Unterbindung der kompletten infrastrukturellen Anbindung der Schule, die natürlich allein schon aus Sicherheitsgründen gewährleistet sein muss. Ferko erachtet den neuen Schulbezirk auch als gut geeignet für eine fußläufige Erreichbarkeit durch alle Schülerinnen und Schüler. Der Ausländerbeirat verfolge ihrer Ansicht nach mit diesem Antrag in erster Linie eine informative und präventive Maßnahme, um einem ausufernden Abhol- und Bringverkehr entgegenzuwirken, indem man ein Umdenken innerhalb der Elternschaft anstoßen will.

Vorteile des Zu-Fuß-Gehens

Dr. Marek Meyer, der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, kündigte die Unterstützung des Antrags an. Auch die SPD hält zwar eine Erschließungsstraße für zwingend notwendig, und das nicht nur für Feuerwehr und Notarzt, sondern auch für Anlieferungen, für die Lehrerschaft und alle anderen, die künftig in der Grundschule ihrer Arbeit nachgehen werden. Dr. Meyer betonte die fraktionsübergreifende Einigkeit darüber, dass möglichst alle Schulkinder zur Schule laufen sollen, weil dies viele Vorteile auch für die Kinder selbst mit sich bringt: Vom Mehr an Bewegung über den kommunikativen Austausch auf dem gemeinsamen Schulweg bis hin zum Aufenthalt an der frischen Luft. Deshalb hält es die SPD-Fraktion für eine gute Idee, die Elternschaft hierüber umfangreicher zu informieren und für die Problematik zu sensibilisieren.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Minnert bestätigte, dass auch die Koalitionsparteien die Elterntaxis an den Grundschulen als großes Problem erachten. Pädagogische Fachkräfte innerhalb der CDU-Fraktion sind Minnert zufolge der Ansicht, dass allein Informationen und Aufklärungen seitens der Lehrerschaft direkt zur Einschulung darauf hinwirken könnten, den Elterntaxi-Verkehr zu minimieren. Dies werde zuverlässig so praktiziert, und die Hattersheimer Schulleitungen teilen auch diese Ansicht, so Minnert, und deshalb will die Koalition diese Informations- und Aufklärungsarbeit auch in "deren bewährten Händen lassen". Aber selbst mit derartigen Aktionen, die zuweilen auch zusätzliche Anreize zum Zu-Fuß-Gehen wie Bonushefte liefern, schaffe man es leider nicht, dass alle auf ein Bringen und Abholen mit dem Auto verzichten.

Chris Savage präzisierte noch einmal mündlich das Ansinnen des Ausländerbeirats: Es gehe diesem nicht um den Verzicht auf eine Erschließungsstraße, weil eine Schule natürlich für Notdienste und den Lieferverkehr erreichbar sein muss, sondern um die Verhinderung von Baumaßnahmen wie speziellen Drop-Off-Zonen, die einen Elterntaxi-Verkehr noch zusätzlich begünstigen. Und das dabei gesparte Geld könnte man in Initiativen investieren, die für die Bestreitung des Schulwegs per pedes werben.

Letztendlich änderte diese finale Klarstellung nichts am Ausgang der Abstimmung: Nur die Grünen und die SPD votierten dafür, die Koalition bestehend aus CDU, FDP und FWG bewirkte mit ihrer Stimmenmehrheit die Ablehnung des Antrags.

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