Grüne regen autofreie Frankfurter Straße an

Stadtverordnetenversammlung: Antrag mehrheitlich abgelehnt / Bürgermeister deutet weitreichende Pläne an

Für das Innenstadtfest "Hattersheim geht (R)aus" am 1. Juli wurde die Frankfurter Straße für den Autoverkehr gesperrt. Die Hattersheimer Grünen wünschen sich ein länger andauerndes "Experiment auf Zeit" nach diesem Vorbild.
Für das Innenstadtfest "Hattersheim geht (R)aus" am 1. Juli wurde die Frankfurter Straße für den Autoverkehr gesperrt. Die Hattersheimer Grünen wünschen sich ein länger andauerndes "Experiment auf Zeit" nach diesem Vorbild.

Eine autofreie Frankfurter Straße: Für dieses Gedankenspiel bot das Innenstadtfest "Hattersheim geht (R)aus" am 1. Juli vor wenigen Wochen eine Kostprobe. Die Hattersheimer Grünen fanden dieses Beispiel so ansprechend, dass Sie nun der Stadtverordnetenversammlung am vergangenen Donnerstag einen Antrag präsentierten, demzufolge der Magistrat damit beauftragt werden soll, die Frankfurter Straße zwischen Hessendamm und Rotenhofstraße/Im Nex temporär für den Autoverkehr zu sperren.

Die Grünen reden hier noch nicht von einer dauerhaften Entscheidung, sondern haben eher ein "Experiment auf Zeit" vor Augen, das es ermöglicht "praktische Erfahrungen zu sammeln, und die Akzeptanz bei Bürgerinnen und Bürgern, in Wirtschaft (Kleingewerbe und Gastronomie) und Politik zu testen", heißt es in der Antragsbegründung. Zudem sollen die betroffenen Menschen durch ein Beteiligungsverfahren eingebunden werden, um so die allgemeine Bereitschaft zu dauerhaften Maßnahmen der Verkehrsberuhigung und Flächenumverteilung zu fördern.

Ein Dorn im Auge sind den Hattersheimer Grünen aktuell mehrere herrschende Umstände im Bereich der Frankfurter Straße: Der dortigen Gastronomie wird zu wenig Raum im offenen Bereich geboten, zudem stehen Lärm und Abgase dem ungestörten kulinarischen Genuss im Weg. Außerdem sieht man Gefahren für Kinder, die mit ihren Eltern die dortige Gastronomie besuchen wollen. Und schließlich erachtet man ein Miteinander von Fußgängern, Fahrrad- und Autofahrern kaum noch als möglich. Exemplarisch nennt man hier in den Erläuterungen zum Antrag Radfahrer, die auf Fußgängerwege ausweichen müssen, da die beiden Autoverkehrsspuren - mit zwei Parkreihen - zu eng seien.

Das eintägige "Pilotprojekt" zum Innenstadtfest sollte nun über einen längeren Zeitraum (den Grünen schweben hierfür ein bis drei Monate vor) wiederholt werden, eine kooperierende Hochschule sollte den Vorgang wissenschaftlich begleiten. Man verspricht sich von der Maßnahme eine Belebung und die Steigerung der Aufenthaltsqualität in der Frankfurter Straße.

Angedeutete Gesamtkonzeption

Bürgermeister Klaus Schindling sah sich angesichts des Antragsinhaltes veranlasst, vage über mögliche Veränderungen und Entwicklungen in der Frankfurter Straße zu sprechen, die zwar noch nicht spruchreif sind, jedoch die Entscheidungsfindung zu diesem Antrag betreffen. Schindling betonte auch, dass "es hier um mehr geht als um einen Modellversuch."

Die städtische Wirtschaftsförderung hatte den Tag des Innenstadtfests auch ins Leben gerufen um aufzuzeigen, dass man trotz zahlreicher Versuche, dem dortigen Schwund an Einkaufsmöglichkeiten und gastronomischen Angeboten zu begegnen, diese Hattersheimer Gegend nicht aufzugeben gedenkt. Die Teilnahme am Projekt "Zukunft Innenstadt" sei als Initialzündung zu verstehen, aber mit solchen punktuellen Maßnahmen allein ließe sich noch keine Wende herbeiführen, so der Rathauschef.

Eine waschechte Wende traut Schindling auch dem von den Grünen vorgeschlagenen temporären Durchfahrtverbot nicht zu, und er sieht darin sogar eine Gefahr: Man könne durch "immer weitere untaugliche Versuche" irgendwann den Kooperationswillen der dortigen Hauseigentümer, Ladeninhaber und Anwohner verlieren.

Will man in der Frankfurter Straße noch einmal einen "guten Versuch" wagen, so Schindling, dann müsse dieser mehr greifen als das Aufstellen eines Schilds. Mit aller Vorsicht und im Konjunktiv zeichnete der Bürgermeister den Stadtverordneten das Bild einer Innenstadt, die den Rewe-Markt "Im Nex" einbüßen könnte, mit der Entstehung eines neuen Kindergartens an dieser Stelle. Eine Innenstadt, in der das Mangold-Gelände verkauft wurde und wo ein Bauvorhabenträger mit der Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses liebäugelt, womöglich mit einer Drogerie und einem Fitnessstudio im Erdgeschoss. Die Verkehrsinsel im vorderen Bereich der Frankfurter Straße könnte eventuell entfernt werden, man könnte den Eingangsbereich ausweiten. Solche Pläne könnten in eine (dank der Teilnahme am Projekt "Zukunft Innenstadt") staatlich geförderte Gesamtkonzeption aufgenommen werden, unter Einbeziehung von Eigentümern und Gewerbetreibenden. Nur einen derart ganzheitlichen Ansatz hält Bürgermeister Schindling für erfolgversprechend zur Aufwertung der Frankfurter Straße.

Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Oliver Wiendl, erläuterte sodann, warum die regierende Koalition aus CDU, FDP und FW diesen Antrag ablehnt. Zum einen wären da brandschutzrechtliche Bedenken. Der Antrag der Grünen ziele perspektivisch auf eine dauerhafte Sperrung der Frankfurter Straße für den Autoverkehr ab, und so könne im Brandfall die im Hessischen Gesetz über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz vorgegebene zehnminütige Hilfsfrist womöglich nicht mehr eingehalten werden. Ebenso schwebe den Grünen eine Einfahrt für Anwohner und Lieferverkehr über den Hessendamm vor, was der angestrebten Verkehrsberuhigung letztendlich wieder widersprechen würde. Und schließlich würden die Grünen so versuchen, "das Pferd von hinten aufzuzäumen", so Wiendl, da man erst die Sperrung durchführen und dann die Anwohnerschaft einbeziehen wolle.

Der Antrag wurde schließlich mehrheitlich abgelehnt, mit Nein-Stimmen seitens der Koalition und Befürwortungen von Grünen und SPD. Die temporäre Verkehrsberuhigung der Frankfurter Straße ist somit vom Tisch - und die Zukunft wird zeigen, ob die an diesem Abend angedeutete Gesamtkonzeption tatsächlich ganz oder teilweise Realität werden wird.

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