Am vergangenen Sonntag fand bereits zum 30. Mal der von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz initiierte und koordinierte „Tag des offenen Denkmals“ statt. Deutschlandweit gab es zum Jubiläum über 5.500 Veranstaltungen rund um Denkmäler, an denen mehr als 500 Denkmal-Touren angeboten wurden. Daran beteiligte sich auch Hattersheim am Main, wo das Kulturreferat der Stadt gemeinsam mit dem Hattersheimer Geschichtsverein 1985 e. V. zur Erkundungstour in das Hattersheimer Stadtmuseum eingeladen hatten.
Das Motto zum diesjährigen Tag des offenen Denkmals lautete: "Talent Monument". Entsprechend wurden diesmal Denkmal-Talente aufgedeckt und deren Einzigartigkeit ins Rampenlicht gerückt. "Jedes Denkmal zeichnet sich durch seine besonderen Eigenschaften und Qualitäten aus – ob Bauweise und -materialien, Historie, längst Vergessenes oder etwas, das noch im Verborgenen liegt: Sie beweisen das Talent, Menschen zum Staunen und zum Nachdenken zu bewegen" - so beschreibt es die Deutsche Stifting Denkmalschutz in ihrem Internetauftritt zum diesjährigen Aktionstag. Man wollte diesmal vor allem der Frage nachgehen, was ein Denkmal zum Denkmal macht.
Denkmäler bieten sichtbare und erfahrbare Zeugnisse der Vergangenheit und werden so zu prägenden Bestandteilen eines Stadtbilds und der städtischen Geschichte. Zudem können Denkmäler im Laufe der Geschichte nicht nur äußerliche Veränderungen durchmachen, sondern können sich auch als wahre "Multi-Talente" entpuppen - so geschehen in Hattersheim, wo das ehemalige Sarotti-Werksgebäude zum neuen Hattersheimer Stadtmuseum umgewandelt wurde.
Ulrike Milas-Quirin, stellvertretende Vorsitzende des Hattersheimer Geschichtsvereins, bot über den Tag verteilt insgesamt drei Führungen durch das im Mai offiziell eröffnete Museum an, und die Resonanz war erfreulich groß: Bereits zur frühen ersten Führung um 10 Uhr fanden sich fast zwei Dutzend Interessierte im Foyer des Museums ein, voller Vorfreude auf den informativen und unterhaltsamen Rundgang durch die Hattersheimer Geschichte.
Vor drei Jahren stand das Stadtmuseum schon einmal im Mittelpunkt des damaligen Tags des offenen Denkmals: 2020 lautete das Motto „Chance Denkmal: Erinnern. Erhalten. Neu denken.“ - und das war gerade zu jenem Zeitpunkt ein äußerst passender Slogan in Bezug auf das ehemalige Sarotti-Werksgebäude, das 1925 erbaut worden war und nun, fast 100 Jahre später, Herberge einer völlig anderen Einrichtung von großem kulturellem und geschichtlichem Wert werden sollte. Vor drei Jahren noch wurden die Besucherinnen und Besucher durch eine waschechte Baustelle geführt; über Holzbalken hinweg gelangte man ins Innere, wo man auch tunlichst aufpassen musste, nicht zu stolpern.
Diese Zeiten sind im nun fertigen Stadtmuseum natürlich längst passé. Ohne besondere Vorsicht an den Tag legen zu müssen, konnte das interessierte Publikum das Museum entweder frei erkunden, sich in einer Präsentation über die Baugeschichte der Liegenschaft sowie über den Denkmalschutz in Hattersheim informieren, oder sich einer der angebotenen Führungen anschließen. Dabei führte Ulrike Milas-Quirin die jeweilige Besuchergruppe zunächst noch einmal ins Freie, wo sie die Aufmerksamkeit auf die drei noch verbliebenen Gebäude richtete: Das Pförtnerhäuschen, in Blickachse dazu das Werkstattgebäude und schließlich der Schornstein aus noch früherer Zeit, denn dieser wurde bereits für die alte Zuckerfabrik gebaut. So konnte man einen Eindruck darüber gewinnen, wie groß das Sarotti-Gelände einst einmal war. Und auch die Restaurationsarbeit wurde näher erläutert: So wurde das Werkstattgebäude in den Siebziger Jahren Gelb angestrichen. Im Zuge der Arbeiten am denkmalgeschützten Gebäude stellte man fest, dass die ursprüngliche Farbe einmal ein strahlendes Weiß war - und in dieser weitaus ansehnlicheren Farbe erstrahlt das Bauwerk nun auch heute wieder.
Einblicke in die Stadtgeschichte
Und natürlich führte Milas-Quirin die Gäste des Museums an diesem Tage auch durch die dortige Dauerausstellung mit ihren zahlreichen Abteilung zur Hattersheimer Historie. Eine davon widmet sich beispielsweise dem Leben und Wirken des Eddersheimer Erfinders Anton Flettner, dessen vor etwa 100 Jahren konstruierter Rotor-Schiffsantrieb auch heute noch in Zeiten der Energiewende neue Beachtung findet. Außerdem können sich im Museum Groß und Klein über die Hattersheimer Stadt- und Industriegeschichte informieren. Viele Exponate aus ehemaligen lokalen Betrieben - allen voran natürlich der Sarotti-Schokoladenfabrik - laden zum Bestaunen ein. So steht zum Beispiel auch der "Sarotti-Mohr" im Fokus, der seit einiger Zeit gesellschaftspolitisch natürlich ganz anders wahrgenommen wird als noch in den Sechzigern des vergangenen Jahrhunderts. Im Laufe der Jahre wurde immer öfter kritisiert, dass die erfolgreiche Werbefigur rassistische Stereotype vom dunkelhäutigen Diener verkörpert. Vor knapp 20 Jahren fand dann eine weitaus weniger verfängliche Wachablösung statt: Von nun an war der "Sarotti-Magier der Sinne" am Start, mit goldener Hautfarbe und einer wehenden Fahne anstelle eines Tabletts. Das neue Maskottchen weckt aber freilich immer noch mit Leichtigkeit Assoziationen an den Vorgänger mit seinem enorm hohen Bekanntheitsgrad.
Eine weitere Ausstellungsabteilung beschäftigt sich mit der Archäologie und legt ihren Schwerpunkt auf vor- und frühzeitliche Themen, insbesondere die Geschichte der Kelten in der hiesigen Region.
Mit den angebotenen Führungen kann natürlich nur ein relativ knapper Einblick in die Ausstellung und die einzelnen Exponate gewährt werden - dieser fiel jedoch am vergangenen Sonntag schon einmal sehr kurzweilig und informativ aus und weckte sicher bei vielen Gästen die Lust auf weitere Besuche im außerordentlich gelungenen neuen Hattersheimer Stadtmuseum. So kann sich das ehemalige Werkstattgebäude zu einem lehrreichen Publikumsmagneten entwickeln.
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