Närrischer Lindwurm mit wilden Tieren

Rund 20.000 Besucher beim diesjährigen Hattersheimer Fastnachtsumzug – Tolle Stimmung bei bestem Wetter

Für ihre fantasievollen Kostüme bekannt: Die Chorgemeinschaft Hattersheim begeisterte die Zuschauer mit ihren tollen afrikanischen Masken.
(Foto: A. Kreusch)

HATTERSHEIM (ak) – Hatte in den Tagen zuvor noch Sturmtief „Thomas“ den Narren Sorgen bereitet, kam pünktlich zum Fastnachtssonntag das freundlich strahlende Hoch „Emma“ herangezogen: blauer Himmel, Sonnenschein und Temperaturen um 12 Grad machten die Teilnahme am närrischen Lindwurm mit seinen fast 100 Zugnummern nicht nur für die Vereine, sondern auch für die rund 20.000 Zuschauer in diesem Jahr wieder zum fastnachtlichen Vergnügen.

Der Fastnachtszug nahm seinen gewohnten Weg von der Aufstellung der Zugnummern in der Schulstraße und Albanstraße durch die Mainzer Landstraße in die Rotenhofstraße, von dort durch die Brückenstraße in die Friedrich-Ebert-Straße, weiter durch den Rosengarten zur Frankfurter Straße und Richtung Hauptstraße. Los ging es für die Narren um 14.11 Uhr – bis der Zug in seine letzte Phase in der Frankfurter Straße ging, hatten die Fastnachter an der Wegstrecke sich fast zwei Stunden lang die Zeit zu vertreiben, die Zugspitze kam dort erst um 16.30 Uhr an. So lange und natürlich noch länger wurde an der ganzen Strecke die Fassnacht zelebriert, was das Zeug hielt: bei bester Stimmung wurde miteinander getanzt, gelacht und gefeiert. Nicht nur die Brezelverkäufer, die auf der Zugstrecke immer wieder auf und ab liefen, freuten sich über gute Geschäfte, auch zahlreiche Gaststätten hatten ihren Betrieb auf die Straße verlegt und boten Speisen, Getränke und Musik an – sogar vor einem Eiscafé bildeten sich zeitweise kleine Schlangen von bunt kostümierten Besuchern. 

Denn dass die Besucher des Fastnachtszuges alle farbenfroh verkleidet waren, war natürlich selbstverständlich. Viel „laufendes Obst“ war zu sehen, viele Insekten von der Biene über den Tausendfüßler bis hin zu Kakerlaken, auch Einhörner (sogar berittene!) in allen Varianten, Drachen, eine blutbespritzte Unfallkrankenhaus-Belegschaft sowie ganze Herden „wilder Tiere“ aus allen Kontinenten vergnügten sich am Rande des Zugweges. Viele hatten sich für die Wartezeit gerüstet – aus hübsch „kostümierten“ Bollerwagen (von denen einer gar einer mobilen Bar glich) wurden großzügig Speisen und Getränke an „bedürftige“ Freunde und Bekannte verteilt.

Tierische Themen
Wenn dann endlich die erste Zugnummer zu sehen war, wurde noch mehr gejubelt und gefeiert. Kinder mit großen Beuteln und Taschen positionierten sich strategisch günstig, um möglichst viele der zu erwartenden „Wurfgeschosse“ zu ergattern – es flogen tonnenweise Bonbons, Schokolade, Chips- und Popcorntüten, aber auch Mini-Kochbücher und Kugelschreiber durch die Luft. Manch eine Zuggruppe hielt sogar einen besonderen „Service“ für die erwachsenen Narren am Wegesrand bereit: ihnen wurden persönlich kleine Schnapsfläschchen und auch Becher mit Sekt oder Apfelwein gereicht.

Angekündigt wurde der Fastnachtszug nicht nur von dem obligatorischen Polizeifahrzeug, sondern auch von einer Gruppe strahlender „Schneemänner“, den Kindern des TV Hattersheim, gefolgt von den Frankfurter Herolden, einem Spielmannszug. Der Sindlinger Karnevalverein (SKV), unter ihnen die SKV-Garden, das Männerballett und das Tanzmariechen, folgte mit einem „Narrenkäfig“, aus dem die „wilden Tiere“ allerdings wohl ausgebrochen waren: Pandabär, Marienkäfer, Elefanten, Riesenhühner und ganz viele Bienchen beglückten die Zuschauer am Straßenrand gerne mit leckeren Bonbons. In allen Blautönen wogte dann die Tanzgruppe „Enjoy“ des TSG Flair Kelsterbach als zarte, fantsievolle „Quallengruppe“ vorbei. 

Dem Schauspiel im Wasser folgte ein kräftig gelb strahlendes „Himmelsschauspiel“: als „Sonnenscheingruppe“ waren die Damen der KfD Eddersheim in der diesjährigen Fassenacht unterwegs. Schwungvolle Fastnachtsmelodien brachte der Spielmannszug der Okrifteler Freiwilligen Feuerwehr mit seinen „flammenden“ Hüten und Umhängen zwischen die aufwändig kostümierten Narren in Hattersheim – und er wurde gern gehört, denn: „Diesmal sind irgendwie wenig Musikgruppen im Zug?“ Solche Unterhaltung nicht nur für die Augen, sondern auch für die Ohren, wurde unter den Zuschauern vermisst.

Einen „90er Jahre-Flashdance“ brachte die Tanzgruppe „Bravour“ des TV Okriftel (TVO) auf den Zugweg, und mit „Die Fasse(n)macht sei mit uns“ huldigten „Die glorreichen Dauerbrenner“ in ziemlich echt wirkenden Kostümen dem Starwars-Kult. Vom TVO waren außerdem viele fröhliche Kinder als „Wilde Tiere“, die „Crazy Pearls“ als Trägerinnen von riesigen, bunt glitzernde Regenbögen, „Dancing Desaster“ im getarnten Fastnachtswagen als „Die TVO-Fighter“ sowie die „Diamonds“ direkt aus dem „Wilden Afrika“ zu bewundern. Auch die „Wilden Weiber Okriftel“ (WWO) hatten in diesem Jahr das wilde und bunte Afrika zu ihrem Fastnachtsmotto gemacht, ihre schönen afrikanischen Gewänder trugen sie während des Fastnachtszuges unter Leopardenfell-Umhängen, einen Bollerwagen mit einer täuschend echt aussehenden Wildkatze hatten sie zum Transport ihrer Wurfgeschosse dabei. Musikalisch und ziemlich laut wurde es, wenn die Guggemusik „Phoenix Kronau“ mit Pauken und Trompeten vorbei kam.

Ein tolles Bild boten Zugmarschallin Nicole Volk sowie Ehrenzugmarschall Dieter Freidhof mit ihrem blauen Cabrio-Oldtimer. Beim Helau-Rufen und Popcorn-Werfen wurden die beiden von einem ebenfalls gut gelaunten Zugmarschall-Stellvertreter Manfred Heuser unterstützt.

Alleine sieben Zugnummern waren auch in diesem Jahr für die Narren des Okrifteler Carneval Club Mainperle (CCM) reserviert – leider hatte ihr „Raumschiff“, an das man sich vom letzten Jahr noch bestens erinnerte – schon bald nach dem Zugstart schlapp gemacht, ein ganz profaner platter Reifen ließ den „Flug“ vorzeitig enden. Zwar war die Hattersheimer Freiwillige Feuerwehr schnell zur Stelle (Einsatz am 25. Februar: Reifenwechsel bei Raumschiff) und half mit einem Luftkissen, den Schaden vorläufig zu beheben, dennoch musste „CCM-Commander“ Axel Knauber mit seiner Besatzung, zu der auch Stadtverordnetenvorsteher Günter Tannenberger, Bürgermeister Klaus Schindling, der designierte Erste Stadtrat Karl-Heinz Spengler und einige Magistratsmitglieder gehörten, den Rest des Zugweges zu Fuß zurücklegen. „Gut drauf“ waren die vielen in Silber gekleideten „Außerirdischen“ dennoch, niemandem war die unerwartete „Strapaze“ anzumerken.

Lustige Vögel, wilde Germanen
Bevor der Musikverein Nordenstadt wieder einmal für musikalische Unterhaltung sorgte, zeigte die „Interessengemeinschaft für Amerikanische und Indianische Kultur“ wunderschönen, beeindruckenden Federkopfschmuck. Der Flörsheimer Narrenclub hatte seine große „Burg“ auf den Hattersheimer Fastnachtsumzug geschickt und demonstrierte beeindruckend in grün und gelb, dass er „Mit 5 x 11 noch immer fit“ ist.

Ebenfalls auf ein Jubiläum machte die Okrifteler Brass Band Firebirds in diesem Jahr aufmerksam – sie zog nicht nur mit schmissiger Musik, sondern auch mit ihrer Gründungsfahne aus dem Jahr 1967 durch die Straßen: die Brass Band wurde vor 50 Jahren als Fanfarenzug gegründet.

Ihr Motto „Wer wie was, der die das, wieso weshalb warum – kein (Handball-)Spielen ist dumm“ bekräftigten die Handballer des TV Hattersheim in diesem Jahr mit ihrer Verkleidung nach Sesamstraßen-Manier: als bunte Krümelmonster und Oskar in der Tonne traten sie auf.

Auch die Chorgemeinschaft Hattersheim hatte diesmal Anleihen vom afrikanischen Kontinent in ihren Kostümen sehr kreativ verarbeitet: wunderbare, große, fantasievolle und offensichtlich selbst hergestellte Masken machten es unmöglich, einzelne Mitglieder des Gesangvereins zu identifizieren – diese immer besonders „fastnachtsaffine“ Gruppe hat vielen Zuschauern besonders gut gefallen!

„Auf dem Bauernhof ist die Hölle los“ machte die Privatgruppe Sascha Krüger mit einem fahrbaren „Stall“ großer Tiere, gefolgt von „Bauern“ und auch den Frauen, die sie „suchen“ („der wendige Weinbauer Wilhelm“) humorvoll deutlich, sogar „Inka Bause“ war mit von der Partie.

Dem Brass & Drum Corps des Krifteler Karneval Klubs (KKK) folgte der Wagen, die Fußgruppe und die Garde des KKK – sehr zur Freude der am Rande stehenden Zuschauer – „schwer bewaffnet“ mit Bonbon-Schleuder und -Kanone. Die Krifteler Feuerwehr entführte in die 80er, die Krifteler Heimat- und Festwagengesellschaft zeigte „Kriftel – total verhext“.

Viele „lustige Vögel“ sind offenbar in Eddersheim beheimatet: nicht nur langbeinig lächelnde, zart betüllte Flamingos aus den Tanzgruppen des Eddersheimer Gesangvereins Liederkranz-Eintracht, sondern auch einige bestens gelaunte „bunte Singvögel“ aus dem Hattersheimer Stadtteil bereicherten den Fastnachtsumzug.

Ihnen folgte gleich der nächste närrische Gesangverein: aus Sindlingen waren die „Germanen“ in Hattersheim eingefallen. Aber auch mit gehörnten Helmen, langen Haaren auf dem Kopf und im Gesicht sowie der einen oder anderen Streitaxt machte die „Germania Sindlingen“ nicht wirklich Angst.

Die „Rockbilly“-Zeit war bei der Hattersheimer SG DJK ausgebrochen, stilecht mit gepunkteten Kleidern, Tollen und Zöpfen rockten die Sportler aller Altersgruppen den Fastnachtszug. Und direkt aus dem „Märchenwald“ war offenbar ein ganzer Wagen Zwerge in Hattersheim eingetroffen, der zackige blau-weiß-rote Auftritt des Fanfarenzuges Kronberg sorgte wieder für traditionelle Musikbegleitung des Umzuges.

Wohl direkt aus „Las Vegas“ hatte die Hattersheimer Tanzsportgruppe „Wild Wings“ glänzend grüne Spieltische und viele Spielkarten mitgebracht. Und von einem „Phantasieplaneten“ aus gestartet schienen die großartig kostümierten Mitglieder des Eddersheimer Reit- und Fahrvereines in ihrem tollen Raumschiff direkt auf den Straßen Hattersheims gelandet zu sein, gefolgt von Narren aus dem Märchenwald im „Bierchenland“, mit einem reizenden Rotkäppchen und einer furchterregenden, wölfischen Großmutter.

Die Marxheimer Kerbeborsch waren in „Mario Karts“ unterwegs, die Mitglieder der Reitsportgruppe Eddersheim auf (Papp-)Pferdchen. Sie trugen zur Feier ihrs 30-jährigen Jubiläums in diesem Jahr Kostüme aus den 80er-Jahren – sogar der niedliche und sehr gelassene Hund der Gruppe hatte Neonbuntes an.

Eine beeindruckende Menge großer „Dominosteine“ hatte die Privatgruppe Lindner in diesem Jahr fassenachtsmobil gemacht, im „Dschungel“ der Frankfurter Stadtgarde waren riesengroße bunte Vögel und niedliche kleine Wildkatzen unterwegs. Als Piraten mit einem echten „Mainpiraten-Schiff“ machten in diesem Jahr Mitglieder des Hattersheimer Ski- und Paddelclubs auf ihre zahlreichen Vereinsaktivitäten aufmerksam.

Vor den obligatorischen Nachzüglern und den abschließenden Fahrzeugen der Einsatzkräfte gab es für die Zuschauer noch einen „wuchtigen“ Höhepunkt: das Team der Rhein-Main-Therme hatte wieder einen riesigen Truck mit mehreren tausend Tüten Chips auf den Zugweg in Hattersheim geschickt, die in Bademäntel gekleidete „Besatzung“ des LKW musste also mit Wurfgeschossen nicht sparsam sein.

Alles in allem verlief der Hattersheimer Fastnachtsumzug in diesem Jahr zwar vielleicht ein bisschen langsamer als im Vorjahr, aber ohne größere Zwischenfälle – erst um etwa 18 Uhr trafen sich die Teilnehmer zur Prämierung der drei besten Fußgruppen und der drei besten Wagen im Innenhof des Alten Posthofes wieder.

 

Weitere Artikelbilder:

Noch keine Bewertungen vorhanden


X