Zur letzten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung richteten die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen einen kleinen Fragenkatalog an den Hattersheimer Magistrat bezüglich der angedachten Entwicklung auf dem 144.000 Quadratmeter großen Areal im Kastengrund. Dort will der neue Besitzer Digital Realty ein neues Rechenzentrum entstehen lassen. Die ursprünglichen Fragen der Grünen wurden vom Magistrat schriftlich beantworten (wir berichteten), dennoch wollten die Grünen das Thema im Ausschuss für Umwelt, Bauen und Verkehr am Dienstag, 6. Juli, noch einmal näher erörtern und legten hier noch einmal einen weiteren Fragenkatalog vor.
Bürgermeister Klaus Schindling bot an, diese Fragen im Rahmen der Ausschusssitzung ausführlich zu beantworten, sofern die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht auf eine schriftliche Beantwortung besteht. Damit zeigte man sich einverstanden - also holte der Bürgermeister weiter aus.
Fragen der farblichen Gestaltung
Die Grünen wollten unter anderem wissen, ob die Stadt Hattersheim bei der Fassade des neuen Rechenzentrums auf eine farbliche Gestaltung besteht, die sich harmonisch in das "natur-dominierte Umfeld einbettet".
Bislang sei man dem Bürgermeister zufolge so verfahren, dass man die Möglichkeiten der farblichen Gestaltung ihrer Gebäude für die Unternehmen nicht weiter eingeschränkt hat, dies ist schließlich zuweilen auch eine Frage des Corporate Designs. "Wir können uns sehr viel vorstellen - wie können uns aber einiges auch gar nicht vorstellen", stellte Schindling fest und führte als Beispiele grelle oder reflektierende Wände an. Man will verhindern, dass Menschen die Regionalpark-Route entlanggehen und die neuen Gebäude für Fremdkörper halten, die überhaupt nicht ins Gesamtbild passen. Natürlich werde dies allein schon angesichts der wahrscheinlichen Höhe des Rechenzentrums nicht komplett zu verhindern sein. Man will seitens der Stadt im Dialog mit dem Unternehmen Einfluss darauf nehmen und hat deshalb noch keine konkreten Vorgaben formuliert.
Photovoltaik an der Fassade?
Die Erfahrungen mit e-shelter/NTT haben dem Bürgermeister zufolge gezeigt, dass die Installation einer Photovoltaik-Anlage auf einem Rechenzentrum schwierig ist, weil dort auf dem gesamten Dach die Kühltechnik untergebracht ist. Zudem hat ein solches Rechenzentrum einen extrem hohen Stromverbrauch, den eine Photovoltaik-Anlage kaum stemmen kann.
Eine Ablehnung von Photovoltaik hält Schindling für falsch, "denn natürlich bringt das immer etwas." Die Frage sei nur, inwieweit dies auf Rechenzentrumsdächern sinnvoll wäre. "Man sieht es eigentlich auf gar keinen Rechenzentren, die es hier so gibt", stellte der Rathauschef fest.
Alessio J. Dale (Bündnis 90/Die Grünen) gab hierzu zu bedenken, dass es durchaus auch möglich sei, Photovoltaikanlagen an der Fassade anzubringen und man diese über neue Photovoltaikfarben auch wunschgemäß gestalten könne.
Bürgemeister Schindling hat von seinem Standpunkt aus nichts gegen eine derartige Photovoltaiknutzung einzuwenden - aber er stellte auch fest, dass er kein Freund von restriktiven Pflichtvorgaben sei und lieber im Dialog mit Unternehmen dafür werben will.
Nutzung der Abwärme
Seitens NTT wird man in der Voltastraße eine hundertprozentige Abwärmenutzung haben, berichtete Bürgermeister Schindling. Diese Abwärme will man nutzen, um das neue (und vielleicht auch das bestehende) Wohngebiet im Schokoladenviertel zu beheizen.
Ein derartiges Vorgehen strebt man auch in Hinblick auf das Projekt Marxheim II an. Mit dem Bauvorhabenträger hat man in dieser Sache bereits gesprochen und dieser hat sich auch darauf eingelassen, so Schindling. Man könne aber die eigenen Bestrebungen nicht nur davon abhängig machen, ob Hofheim tatsächlich ein neues Stadtgebiet bauen wird. Deshalb müsse man seitens der Stadt Hattersheim auch nach möglichen Alternativen Ausschau halten. Man habe deshalb auch schon mit einem niederländischen Unternehmen bezüglich einer potenziellen Abwärmenutzung via "Vertical Farming" gesprochen, einer neuen Sonderform der urbanen Landwirtschaft, bei der die Produktion von pflanzlichen und tierischen Erzeugnissen in mehrstöckigen Gebäuden innerhalb von Ballungsgebieten erfolgen soll. Hier könnte eine Beheizung durch Abwärme stattfinden. Dies sei aber eine flächenintensive Sache, so Schindling. Es sei im Bereich des Möglichen, die dafür notwendigen Flächen aufzubringen. All dies und weitere Varianten werde gerade sondiert, denn man habe im Magistrat starke Bestrebungen zur Nutzung dieser Abwärme.
Geringer Wasserbedarf, hohe Insektenfreundlichkeit
In den späteren Ausführungsbestimmungen wird sicher noch festgelegt, welche Bäume und Sträucher bei der Gestaltung des Grüngürtels zum Einsatz kommen sollen. Ursprünglich hat man in Hattersheim stets heimische Hölzer gewählt. Mit der letzten Zeit habe man in Hattersheim jedoch angesichts der Auswirkungen des Klimawandels verstärkt darauf geachtet, Pflanzen mit einem geringeren Wasserbedarf zu verwenden, wie zum Beispiel beim Anlegen des neuen Wildstaudenbeetes im Rosarium in Zusammenarbeit mit dem Schlockerhof. Man will vor dem Klimawandel nicht komplett kapitulieren und nur noch tropische Gehölze anpflanzen, stellte Schindling fest, aber man muss heutzutage auch darauf achten, dass man nicht unnötig viele Pflanzen in hohem Maße mit der kostbaren Ressource Wasser gießen muss. Und auch die Insektenfreundlichkeit ist heutzutage ein wichtiges Kriterium für eine optimale Auswahl an Gehölzen und Sträuchern. Die endgültige Pflanzenliste für dieses Areal liegt jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vor.
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