Mehr als nur eine Notlösung

Digitales Jugendhaus JJ: Virtueller Jugendtreff bietet Lernhilfen, soziale Kontakte und Spielerlebnisse

Seit dem 16. November 2020 ist das Digitale Jugendhaus JJ online.

Die Corona-Pandemie hat mit all ihren Gefahren, Beschränkungen und Maßnahmen auch im Bereich der Jugendarbeit unmittelbare Spuren hinterlassen. Gruppentreffen waren vor Ort nicht mehr möglich, eine steigende Zahl an Einzelterminen sorgte zunehmend für zeitliche und organisatorische Nöte.

Vor diesem Hintergrund reifte die Idee heran, während der Pandemie einen neuen digitalen Raum für Jugendliche aus der Taufe zu heben, in dem man die jungen Menschen auf Distanz begleiten, aufklären und einfach für sie da sei kann. Insbesondere der sich seinerzeit annähernde erneute Lockdown sorgte für Handlungsbedarf, denn man wollte die Jugendlichen in dieser schwierigen Zeit nicht alleine lassen und Alternativen zum persönlichen Kontakt anbieten können.

So ging schließlich Mitte November vergangenen Jahres die Seite www.digitales-jugendhaus-jj.de der Jugendberatung und Jugendhilfe e.V. online. Dabei handelt es sich um eine Homepage mit verschiedenen Räumen für unterschiedliche Bedürfnisse der Jugendlichen. Die Seite soll als virtueller Jugendtreff fungieren, zudem als eine zentrale Orientierungshilfe mit einer Vielzahl an nützlichen Links, über die junge Menschen auf weitere attraktive Angebote stoßen können, und schließlich auch als Portal zur digitalen Lernhilfe.

Ohne Endgeräte geht es nicht

Die Administratorinnen des Digitalen Jugendhauses JJ sind allesamt als Sozialarbeiterinnen an verschiedenen Standorten im Main-Taunus-Kreis tätig. Aus Hattersheim übernimmt Olivia Pokluda diese Aufgabe, sie ist Teil der Mobilen Jugendarbeit Hattersheim und dort für das Jugendinfobüro tätig. Die junge Sozialarbeiterin mit einem B.A. in Sozialer Arbeit und einem Master of Social Work bewertet die bisherige Resonanz auf das neue digitale Angebot als "sehr gut". Den Terminen der digitalen Lernhilfe wohnen stets zehn bis 15 Jugendliche allein aus Hattersheim bei.

Die Lerngruppe trifft sich ein- bis zweimal pro Woche. Vorzugsweise abends ab 19.30 Uhr oder 20 Uhr für etwa zwei Stunden - diese Uhrzeit hat sich aus vielerlei Gründen bewährt, berichtet Pokluda: Die Eltern sind dann zu Hause oder zumindest nicht mehr im Homeoffice. Damit müssen sich die Jugendlichen zu später Stunde nicht mehr um jüngere Geschwister kümmern, und die zur digitalen Teilnahme notwendigen Endgeräte wie Computer, Laptop oder Tablet stehen eher zur Verfügung.

Stress und Frustration steigen

Die digitale Lernhilfe ist eine beliebte und wichtige Stütze für Schülerinnen und Schüler in Pandemiezeiten, aber natürlich kann auch dieses Angebot den "Normalfall", jenseits von Corona und Lockdown, nicht komplett ersetzen. Olivia Pokluda berichtet von einem steigenden Verlangen der Jugendlichen nach Kontakten außerhalb des eigenen Haushalts. "Die Jugendlichen sind gestresster als im ersten Lockdown", so die Sozialarbeiterin. Zu Beginn der Pandemie war alles neu, und dieser Situation begegnete man ein Stück weit gespannt und mit Neugier.

Inzwischen ist dies einer größeren Ernüchterung gewichen. Natürlich sei Onlinelernen prinzipiell eine tolle Sache, so Olivia Pokluda - man mag sich kaum ausmalen, wie es in den schlimmsten Pandemiephasen ohne diese Option ausgesehen hätte. Aber es kommt halt doch weniger bei den Schülerinnen und Schülern an als beim Präsenzunterricht. Das merken die jungen Menschen, und das fördert die Frustration.

In Bezug auf die schulischen Leistungen und die Versetzung sieht Pokluda während der Corona-Pandemie eher einen geringeren Druck von außen. Die Erwachsenen erkennen überwiegend an, in welch einer besonderen Zeit man sich gerade befindet und dass diese Zustände keine positiven Auswirkungen auf die schulische Leistungsfähigkeit haben. Jedoch sei zu beobachten, dass die Jugendlichen selbst sich unvermindert hohen Druck machen: Man hatte sich schulische Ziele gesetzt, und die sieht man jetzt in Gefahr, weil man bezüglich des Schulstoffs merklich immer weiter zurückfällt. Wenigstens haben die jüngsten Verschiebungen von Prüfungen etwas Druck vom Kessel genommen, berichtet Olivia Pokluda.

Niedrigschwelliges Angebot

Eine Bereicherung, nicht nur eine Notlösung: So beschreibt Olivia Pokluda das Digitale Jugendhaus JJ. Man konnte auf diesem Wege auch zahlreiche neue Jugendliche erreichen. Diese bekamen das Angebot häufig von Freundinnen und Freunden empfohlen, und zudem ist der Online-Eintritt auch niedrigschwelliger als "live". Man kann leichter einmal hineinschnuppern - und bei Nichtgefallen auch unauffällig wieder gehen (es gibt keine Pflicht zur Verwendung einer Webcam), was im "realen Leben" nun mal nicht so leicht geht. Und einige bleiben dann eben doch. Auch introvertiertere junge Menschen geben so dem Jugendhaus eher mal eine Chance. Auch im Schutze der größeren Anonymität melden sich Jugendliche mit ihren Sorgen und Anliegen auf digitalem Wege. Und trotz der diversen Gruppenangebote kann man auch weiterhin Einzeltermine vereinbaren.

Auch Spielspaß ist wichtig

Bei den Gruppenangeboten geht es nicht nur um das Lernen, sondern auch um gemeinschaftlichen Spaß und verbindende Zerstreuung. Dafür finden regelmäßig Spielangebote statt: Dort dominierte - auf Anregung der Jugendlichen hin - anfangs "Stadt, Land, Fluss". Derzeit sind "Quizduell" und das populäre Multiplayer-Deduktionsspiel "Among Us" die größten Renner.

Erst kürzlich fand online ein Spielduell zwischen Hattersheim und Flörsheim statt. Das jedoch nur mit Sprachkontakt, ohne Kamera - um über die Stadtgrenzen hinaus für mehr Anonymität und Ungezwungenheit zu sorgen.

Und nicht immer werden die Spieltreffen moderiert: Manchmal findet man auf der Homepage des Digitalen Jugendhauses auch einfach nur eine gut gemeinte Link-Einladung als Angebot, damit die Jugendlichen über diesen Knotenpunkt gezielt zueinanderfinden.

Ein Angebot mit Perspektive

Olivia Pokluda kann sich eine Fortsetzung dies Digitalen Jugendhauses JJ auch nach der Pandemie gut vorstellen - wenn auch voraussichtlich etwas weniger intensiv, wenn dann auch wieder die klassischen Livetreffen möglich sind. Aber auch dann wird man sich nicht vor Ort mit 15 Leuten oder mehr auf einmal treffen, deshalb bieten digitale Gruppenangebote auch weiterhin wichtige zusätzliche Möglichkeiten.

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