Eddersheimer Kümmeldrescher feierten Fastnachtssitzung im neuen Saal – Tanz, Gesang und humorige Vorträge
Zwar in neuen Mauern, aber vor vertrauter Kulisse mit Kirche und Fachwerkhäusern fand am letzten Samstag die Fastnachtssitzung der Kümmeldrescher des Eddersheimer Gesangvereins Liederkranz-Eintracht statt. „Wir haben uns gedacht, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg – in de TSG-Hall des genauso geht!“, wandte sich Sitzungspräsidentin Birgit Bartels in ihrer Begrüßung fröhlich an die gut gelaunten Gäste in der voll besetzte TSG-Halle, in welche die Kümmeldrescher ausweichen mussten, weil der Taunussaal nicht mehr für sie zur Verfügung steht.
Auch die beiden Protokoller Wolfgang Drescher und Stefan Häb widmeten sich in ihrem humorigen Dialog kurz der Tatsache, dass dort, wo die Vereine sich früher trafen, nun eine für den Ort „wichtige“ Shisha-Bar ihr Domizil hat, bevor sie sich AKK und der Thüringen- Krise, dem E-Scooter, dem Brexit und dem „Mexit“, der USA und ihrem Trump zuwendeten. Sogar eine Lösung für das weltweite Müllproblem hatten die beiden anzubieten: „Es liegt doch in unseren Händen, einfach wie früher Körbe und Netze verwenden!“ Mit Skepsis betrachteten die Protokoller auch die Zusammenlegung der Eddersheimer Sparkassen, die zur Folge hat, dass man nun zum Geld einzahlen nach Hattersheim muss. Überhaupt: Hattersheim als digitale Stadt, in der sich die Mülleimer melden, wenn sie voll sind, aber die Mitarbeiter fehlen, um sie dann auszuleeren, sollte man nach ihrer Ansicht mit Vorsicht genießen. „Man muss wissen, wo das seine Grenzen hat, sonst findet der Rathaussturm auch nur noch virtuell statt“, mahnten die beiden Kümmeldrescher. Mit einer Warnung in Bezug auf das „neue Quartier“ an den Bürgermeister Klaus Schindling – der natürlich auch im Publikum saß – schlossen sie ihren Vortrag: „Pass auf, dass man dich nicht belüge, mit der Architekten Höhenflüge!“
Als bunte „Vögel im Samba-Fieber“ flogen anschließend die „Sweetie Stars“ mit wunderbaren Kostümen und tollen Zopffrisuren mit ihrer Tanznummer „Rio“ akrobatisch über die Bühne.
Die „Schlemmerfreuden“ an ihrer Bude mit Stil beschrieb Melanie Wallenwein als „Imbissbudenbesitzerin“ mit „gebratenem Huhn“ auf dem Kopf dann aus der Bütt: Ihre Plastikteller sind aus Meißen, die Becher mundgeblasenen, sogar „uffm Lokushäusje gibt es Blummesträusje“.
Mit den „Honey Ladies“ ging im wahrsten Sinn des Wortes der Punk ab auf der Kümmeldrescher-Bühne: In Lack und Leder brachten die Damen diesmal als „Punk Ladies“ die Bühnen-Bretter mit großem Temperament und unwahrscheinlicher Kondition zum Beben und Wackeln.
Mit einem „Schwanensee-Vortrag“ erstaunten Verena Waldmann und Isolde Stapf, von Erika Stapf am Akkordeon begleitet, das Publikum: „Es gibt einen neuen Vorstandsbeschluss, ihr werd’s schon sehe, jeder Sänger muss zum Ballett jetzt gehe!“ Im weißen Trikot mit Tutu machten sie es vor: „Der Chor der tanzt, tanzt, tanzt Schwanensee, wir gehen tief, tief, tief ins plié, des tut beim Zusehen weh!“ So war jeder über die „Manöverkritik“ in „zu enge Kleider“ froh: „Ballett probiert, kapituliert – mir kehrn‘ zum Singe zurück!“
Wie es in natura aussehen könnte, wenn ein ganzer Edderschemer Chor „Schwanensee“ tanzt, zeigte gleich im Anschluss die Gruppe „Rheuma und Ischias“ – und das fast so schee wie’s „Bollschoiballett“. Zu klassischer Musik schwebten sechs befiederte Tänzerinnen mehr oder weniger elegant über die Bühne. Eines ist aber ganz sicher: Bei jedem großen Ballett wäre man sehr froh darüber, wenn alle Tänzerinnen bei ihren Auftritten so fröhlich lachen würden, wie die tollen „Eddersheimer Schwäne“.
Von den aberwitzigen Geschehnissen während einer Diätkur, die ihm sogar das Biertrinken zum Frühstück verbot, erzählte Hans Dilsky in der Kümmeldrescher-Bütt. Das da etwa „acht Daach nur Schmierkäs‘ mit Peter und Silie“ zu heimlichen Fress-Eskapaden führten, bei denen die Küche „unter Starkstrom gesetzt“ wurde und „der Opa Funke sprühte“, brachte er in wohlgesetzten, edderschemerischen Reimen vor.
Auch der Gesang kam nicht zu kurz
Mit Daniela Frese-Krüger (ebenfalls begleitet von Erika Stapf am Akkordeon) durfte das närrische Publikum dann auf die Suche nach dem „Schlüsselloch“ gehen – mit wunderbarer Stimme beschrieb sie das Ende einer ausgiebigen Zechtour vor der eigenen Haustür. Der Refrain „Ich stocher rum in jeder Eck – die Tür is da, das Loch is weg!“ wurde bald vom ganzen Saal mitgesungen. Der musikalische Entschluss „Scheissegal – geh ich widder in mei Stammlokal, und wende mich dem Spundloch zu. Bleed Schlüsselloch, loss merr mei Ruh!“ wurde von allen mit viel Beifall bedacht.
„Ja, wenn das alles Entchen wären, die wir über Eddersheim so sehen, wenn wir nur Geschnatter hörten, was wäre Eddersheim so schön!“ Dieser Gesang brachte auch den „Flugentchen vom Gospelchor“ in quietschgelbem Federkleid viel Applaus ein. Sie reisten musikalisch von Kontinent zu Kontinent, zu den Pinguinen und zu den Straußen, um am Ende festzustellen, dass die „Eddersheimer Erpel“ doch die weltschönsten sind.
Sehr interessant für die Verfasserin dieses Artikels war der Sketch „Eiserne Hochzeit“ mit Waltraud Pöschl und Peter Kozubowski anzuschauen, konnte dabei doch Eva Windel alias "Karla Kolumna" („des Frolleinsche vom Hadderschemer Blädsche“) bei der Arbeit beobachtet werden. In einem Interview am Jubeltag des Paares erhielt sie auf „intime Fragen“ verblüffende Antworten, sehr zur Freude des Publikums.
Nach einer Schunkelrunde mit dem Kümmeldrescher-Hausmusiker Reiner Nies aus Trebur traten auch in Eddersheim die beiden „Ordnungspolizisten“ Erwin und Karl (Klaus Schindling und Stefan Käck) auf den Plan, als „versteckte Personen“ die „Geburtstagsparty von de Kelly-Family mal genau nach Vorschrift – bei uns wird niemand diskriminiert!“ zu kontrollieren. Die beiden durften sich seit dem letzten Jahr über eine Beförderung freuen, und natürlich dachte der Erwin das gleich mal weiter: „Wenn wir weiter so die Leiter hochkrabbele, dann werd‘ ich vielleicht ja noch emal Berjermaster!“ Immer wieder von Gelächter und Beifall unterbrochen philosophierten die beiden über „Hattersheims Interpretation“ des Berliner Flughafens – wobei beide wussten: „wenn die Stadthall‘ dies Jahr nit pünktlich ferdisch werd, dann geht unsern Dicke in die Luft!“.
"Fastnachtsgeschädigte" und "Schnitzelmuddis"
Schwungvoll und geheimnisvoll verwandelten sich auf der Bühne dann in blutrote Umhänge gehüllte „Rotkäppchen“ in gefährlich aussehende Wölfe – die „Sugar Babies“ interpretierten das Märchen neu in einem flotten Tanz.
Als „Fastnachtsgeschädigte“ grüßte danach Erika Stapf von der Bühne. „Und haltet ihr mich aach ferr doll, von Fassenacht hab‘ ich die Nase voll!“, verkündetet sie., offenbar nach einer bisher recht auslaugenden Session. „Mein Bauch ist voll, mein Beutel leer – die Luft ist raus, ich kann nit mehr!“ Mit humorvoll-drastischen Worten beschrieb sie Sitzungen, Umzug und auch, warum sie den immer „auf Kommando lachenden“ Elferrat, das „Fastnachtsministerium" dumm findet. Ganz offensichtlich hält sich solche „Fastnachtsmüdigkeit“ aber grad mal über ein schnell verfliegendes Jahr, schon am nächsten 11.11. steht sie, wie jeder andere Fassenachter auch, wieder in den Startlöchern für eine neue Session.
Mit einem Tanz-Potpourri aus den 80/90er-Jahren wirbelten die Candy-Girls anschließend temperamentvoll, gelenkig und mit schnellen Schrittfolgen über die Bühnenbretter.
Die „Schnitzelmuddis“ Katja Prenzer und Jessica Lucks konnten in diesem Jahr von einer neuen Erfahrung berichten: „Wir sind schwanger“ hieß ihre musikalische Nummer, in der sie etwa den „Zwibbel-Effekt“ beim Schwangerschafts-Yoga beschrieben oder „Atemlos“ auf dem Weg zur Entbindung waren.
Gleich nachdem die beiden unter großem Applaus die Bühne verlassen hatten, wurde der gewohnte Kaffeetisch für „Käthchen und Lisbeth“ (Andreas Marz und Hans Dilsky) gedeckt. Selbstverständlich durfte darauf der leckere Kastenkuchen nicht fehlen, der während des Vortrages von den beiden Damen um einiges dezimiert wurde. „Des Café hier bei de Kümmeldrescher ist abber jetzt irgendwie schöner geworn!“, meinte „Käthchen“ (Marz ist Vorsitzender der TSG) stolz um sich blickend und unter Beifall, bevor „Lisbeth Kussmaul“ klarstellte, dass sie eine geborene Reuter sei, also eine echte Edderschemerin. „Reuter, des is en ganz alte Edderschemmer Name. Sie kenne doch Adam und Eva? Des war e geborene Reuter!“. Und als „echte Edderschemer“ hatten die beiden natürlich auch einige Edderschemer Themen: Sie fragten sich, ob das mit dem Bau der „rischdisch Turnhall“ im neuen Quartier „was werd“, wo doch sogar „e Café, indem die Kümmeldrescher dann Fassenacht feiern könne“ da hinein soll.
Mit einem "anmutigen" Tanz aus „Bollywood“ beschlossen die „Crazy Dancers“ das diesjährige Fastnachtsprogramm der Kümmeldrescher, welches mit dem gemeinsam gesungenen „Eddersheimer Lied“ im großen Finale abgeschlossen wurde.
Die Kümmeldreschertaufe
Jede Kümmeldrescher-Sitzung hat auch einen „offiziellen Teil“ – nämlich den Programmpunkt vor der Pause, die „Kümmeldrescher- Taufe“.
Das in diesem Jahr eine „Auswärtige“ zur Kümmeldrescherin getauft werden sollte, die sehr rührig und engagiert in Eddersheim ist, betonte Hillebrand ausdrücklich: „Sie ist eine der Säulen der Eddersheimer Fastnacht und des Vereins, sie ist jemand, der sich auch in der Kirche etwa für die Messdiener und im Ortsausschuss sehr engagiert. Geboren ist sie in Flörsheim, hat also bei ihrer Geburt auch schon Maawasser aufgesaugt. Ihre ersten musikalischen Auftritte hatte sie mit ihrem Vater hier bei uns. Mittlerweile lebt sie mit ihrer Familie in Eddersheim. Ihr kennt sie alle, da oben sitzt sie: Unsere Sitzungspräsidentin Birgit Bartels!“
Die Skepsis darüber, ob am neuen Veranstaltungsort auch alles gut funktioniert, war verflogen – bis auf wenige Mikrofonstörungen verlief die Kümmeldrescher-Sitzung bei bester Stimmung hervorragend, das Bewirtungs-Team der TSG wurde von allen Seiten gelobt. „Die waren immer schnell, und die Preise waren durchaus zivil“, meinte eine Närrin am Schluss, „und dass in der Halle ein bisschen mehr Platz ist, als im Taunussaal hatte keine negativen Auswirkungen, im Gegenteil: Die Stimmung war wieder einfach großartig!“
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