Die Pandemie wird teuer Wirtschaftliche Auswirkungen der Coronakrise sind unausweichlich, aber momentan nur vage absehbar

Wirtschaftliche Auswirkungen der Coronakrise sind unausweichlich, aber momentan nur vage absehbar

"Da ist die Welt noch in Ordnung gewesen." Sätze wie dieser fielen häufiger im Rahmen der aktuellen Ausschussrunde in Kriftel, und so auch am vergangenen Donnerstag, als der Haupt- und Finanzausschuss (HFA) in der Kleinen Schwarzbachhalle tagte. Bürgermeister Christian Seitz verwies damit auf den Jahresabschluss der Gemeinde Kriftel für das Jahr 2019, also auf die Zeit vor der Corona-Pandemie. Seitz denkt schon, dass die Prognosen zutreffen und die finanziellen Rahmenbedingungen überall sehr viel schlechter werden. "Wir müssen schauen: Wie wirkt sich das dann bei uns konkret aus?"

Aber das wird letztendlich erst ein Thema für den Jahresabschluss 2020 sein, und der Blick auf den Abschluss des Vorjahres ist durchaus positiv zu bewerten. Zwischen dem 1. Januar und dem 31. Dezember 2019 wurde ein Jahresüberschuss in Höhe von 3.108.097,56 Euro erzielt. Dieser setzt sich zusammen aus einem Überschuss im ordentlichen Ergebnis in Höhe von 3.059.732,16 Euro und einem Überschuss im außerordentlichen Ergebnis in Höhe von 48.365,40 Euro. Gegenüber dem fortgeschriebenen Planansatz 2019 ist eine Ergebnisverbesserung von 3.244.960,29 EUR entstanden.

Die Gesamtsumme der Vermögensrechnung 2019 beträgt der Beschlussvorlage zufolge 80.866.669,97 Euro. Das Anlagevermögen erhöht sich durch die Reintegration der Gemeindewerke Kriftel und durch große Baumaßnahmen, wie der Neubau der Kita St. Vitus und den Sammler Mönchhof um 12.519.074,12 Euro auf 72.084.327,06 Euro. Die Verbindlichkeiten aus Kreditaufnahmen steigen ebenso durch die Reintegration der Gemeindewerke und durch ein neu aufgenommenes Darlehen um insgesamt 10.134.248,27 Euro auf 29.635.845,63 Euro. Das Eigenkapital erhöht sich durch das positive Jahresergebnis und durch die Reintegration der Gemeindewerke um 4.106.776,50 Euro auf 25.756.773.49 Euro, die Eigenkapitalquote sinkt von 33,9 Prozent im Vorjahr auf 31,9 Prozent.

Aktuell wenig aussagekräftig

Der Bericht über den Stand des Haushaltsvollzugs zum Stichtag 30. April fällt aktuell nur sehr bedingt aussagekräftig aus; zu einschneidend und nur vage absehbar sind noch die Folgen der Coronapandemie auf die hiesigen Finanzen. Auf Kennzahlen zum 30. April wurde deshalb verzichtet, sie werden erst im nächsten Bericht zum 30. September 2020 wieder aufgeführt.

Seitz holte in seinem Kommentar zum Tagesordnungspunkt im Haupt- und Finanzausschuss etwas weiter aus: Das Jahr 2020 startete zunächst ganz normal. "Da hatten wir einen hervorragenden Haushalt mit vielen Projekten, die wir umsetzen wollten", blickte der Bürgermeister wehmütig zurück. Spätestens im März jedoch veränderte sich die Welt drastisch. Das könne man im vorliegenden Quartalsbericht noch nicht so deutlich sehen - in den künftigen jedoch sicher umso mehr.

Natürlich habe man inzwischen Kenntnis von Einbußen, beispielsweise bei der Gewerbesteuer. Dies war gleich zu Beginn der Coronakrise ein Instrument der Landesregierung, das sich unter anderem in Form von der Ermöglichung von Steuerstundungen manifestierte. "Davon haben die Unternehmen auch Gebrauch gemacht", so Seitz, "wir haben hier immerhin eine Gesamtsumme von 1,6 Millionen, die gestundet wurden." Gleichzeitig müsse man aber auch sagen, dass die Gewerbesteuer sich nicht ganz so negativ entwickelt habe. Aktuell liege man bei etwa sechs Millionen, im Haushalt waren acht Millionen eingeplant. "Wenn man das ins Verhältnis setzt, dann kommt man eigentlich schon relativ nah ran", kommentierte Seitz die Entwicklung.

Die Entwicklung der Einkommensteuereinnahmen könne man jetzt noch nicht wirklich absehen. "Wie wissen alle, dass es vielfach auch Kurzarbeit gegeben hat", hielt Seitz fest. Da müsse man weiter abwarten, wie sich das Ganze auswirkt.

Auch die Spielapparatesteuer sei eine große Einnahmequelle für die Gemeinde Kriftel. Diese Branche war monatelang komplett dicht, dementsprechend gibt es aus diesem Zeitraum auch keinerlei Steuereinnahmen. Ein Quartal werde hier komplett ausfallen, die weitere Entwicklung ist noch nicht verlässlich absehbar - so oder so wird der Gemeinde auch hier eine Menge Geld durch die Lappen gehen.

Auch die zwischenzeitlichen coronabedingten Schließungen von Kindertagesstätten und Schulkindbetreuung sorgten für Fehleinnahmen. Insgesamt habe man hier im Main-Taunus-Kreis die Eltern in Höhe einer Summe von etwa sieben Millionen Euro entlastet.

All diese und weitere Fragen werden zweifellos Auswirkungen auf die Finanzsituation der Gemeinde haben. "Es wird jetzt ganz spannend, wie wir damit umgehen. Man könnte jetzt reflexartig sagen: 'Wir machen mal eine Haushaltssperre.' Alle Projekte, die angefangen sind, liegen auf Eis." Das habe man aber bewusst nicht getan. Man werde vielleicht nicht umhin kommen, bestimmte Projekte zeitlich neu einsortieren zu müssen. Förderprogramme würden kommen, bei denen man dann prüfen müsse, was man davon verwenden könne um eben die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Seitz geht davon aus, dass der nächste Bericht in Hinblick auf alle diese Fragen sicher aussagekräftiger ausfallen wird.

Jobticket soll kommen

Einstimmig votierten die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses für die Einführung eines Jobtickets im Premiumtarif für die Beschäftigten der Gemeinde Kriftel samt hundertprozentiger Kostenübernahme. Das Jobticket soll noch in diesem Jahr zur Verfügung gestellt werden. Die damit verbundenen Kosten in Höhe von jährlich rund 13.000 Euro sind im Rahmen der Personalkosten in die jeweiligen Haushaltspläne einzustellen.

Dies soll ein Mosaikstein sein auf dem Weg, die Attraktivität der Gemeinde Kriftel als Arbeitgeber zu erhöhen.

Kinderbetreuung während Corona

Einigkeit herrschte bezüglich des Verzichts auf die Erhebung der Kostenbeiträge und des Essensgeldes für die Monate April und Mai von Eltern und Erziehungsberechtigten, die von Schließungen der Kindertageseinrichtungen auf Grundlage der Zweiten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus betroffen waren. Für Kinder, die die Notbetreuung im Mai in Anspruch genommen haben, soll ein anteiliger Kostenbeitrag basierend auf der tatsächlichen Inanspruchnahme eingezogen werden. Diese Regelung soll auch bezüglich der Gebührenerhebung einschließlich des Essensgeldes für die Schulkinderbetreuung an der Lindenschule Anwendung finden.

Mit Beginn des eingeschränkten Regelbetriebes am 2. Juni erfolgt eine leistungsbezogene Erhebung von Kostenbeiträgen. Den freien Trägern wird das gleiche Verfahren vorgeschlagen, um möglichst einheitlich zu verfahren. Einstimmig beauftragt man auch den Gemeindevorstand, "für künftige vergleichbare Härtefälle eine satzungskonforme Lösung unter Darstellung der finanziellen Auswirkungen zu erarbeiten und darauf hinzuwirken, dass die Gemeinde Kriftel einen finanziellen Ausgleich für das von der

Landesregierung verordnete Betretungsverbot erhält."

Kein freier Eintritt unter 14 Jahren

Nach lange vor der Coronakrise hatte die SPD-Fraktion Anfang 2019 die Gebührenbefreiung für Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren im Krifteler Parkbad beantragt. Die Ausschüsse hatten seinerzeit den Gemeindevorstand beauftragt die voraussichtlichen Einnahmeausfälle zu ermitteln und sich mit der Stadt Hattersheim am Main abzustimmen. Entsprechende Gespräche haben mittlerweile stattgefunden, und demnach kommt auch die Stadt Hattersheim zu dem Ergebnis, ihrerseits eine Gebührenbefreiung für Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren abzulehnen. Dies wurde durch einen Beschluss der dortigen Stadtverordnetenversammlung bestätigt. Danach wird auch das Hattersheimer Freibad grundsätzlich die gewohnte Gebührenstruktur beibehalten.

Für Kriftel müsste man bei einer Gebührenbefreiung gemäß SPD-Antrag mit Einnahmeausfällen von etwa 60.000 Euro rechnen. Darüber hinaus sei die Auslastung des Krifteler Parkbades während der Sommerferien und an den heißesten Tagen ohnehin schon stark an der Belastungsgrenze. Eine Gebührenbefreiung könnte dazu führen, dass gerade bei hohen Temperaturen das Bad noch voller wird, was auch zu erheblichem personellen Mehraufwand führen würde, wie das Beispiel Frankfurt gezeigt habe.

Der Ausländerbeirat schlug vor, die Gebühren grundsätzlich so zu belassen und nur in der aktuellen Saison Kindern einen kostenlosen Zutritt zu ermöglichen. Die SPD wollte die Saison 2020 als Referenz nehmen um zu schauen, wie sich ein kostenfreier Eintritt auf die Besucherzahlen der dann entsprechend begünstigten Altersklassen auswirken würde. Dem wurde jedoch erwidert, dass man von der aktuellen Sondersituation nicht auf normale Jahre schließen könne, und somit wurde der Antrag mehrheitlich abgelehnt. Im HFA wiederholte sich dieses Abstimmungsbild: Mit den Stimmen von CDU, Grünen und FDP fand der Antrag der SPD auch hier mit zwei Ja- und neun Neinstimmen keine Mehrheit.

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