Die Krifteler FDP-Fraktion hatte zur Sitzung der Gemeindevertretung am Donnerstag vergangener Woche, 11. September, einen Antrag vorgelegt, der einen Punkt aufgriff, welcher vor fünf Jahren in ähnlicher Form schon einmal in diesem Gremium diskutiert worden war.
So würde es die FDP gerne sehen, wenn die Hauptsatzung der Gemeinde künftig die digitale Teilnahme an politischen Sitzungen ermöglicht. Ziel eines solchen Schrittes sei es, "die Handlungsfähigkeit der kommunalen Gremien auch unter besonderen Umständen (zum Beispiel Krankheit, Mobilitätsbeschränkung, Pandemien) zu stärken und gleichzeitig eine rechtskonforme Durchführung sicherzustellen", heißt es in der Antragsbegründung der Freien Demokraten. Zudem sei die digitale Sitzungsteilnahme bereits im Gemeindevorstand möglich und könne daher auch in der Gemeindevertretung technisch und organisatorisch umgesetzt werden.
Ablehnung vor fünf Jahren
Vor dem Hintergrund der damals akuten Corona-Pandemie beschäftigte sich die Gemeindevertretung im September 2020 schon einmal mit einem artverwandten Antrag. Damals beantragte die FDP-Fraktion die Online-Ausstrahlung öffentlicher Sitzungen als Live-Stream, weil sich insbesondere während der Pandemie die Frage stellte, in welcher Form politische Sitzungen stattfinden können, ohne dabei die teilnehmenden Personen einer zu großen Infektionsgefahr auszusetzen. Und diese Frage galt ebenso auch in Bezug auf die Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde als Zuschauer, denn Sitzungen der Ausschüsse und der Gemeindevertretung sind für gewöhnlich öffentlich, und Öffentlichkeit und Transparenz seien für eine funktionierende Demokratie schließlich unverzichtbar. Sollten einzelne Mandatsträger wünschen, bei ihren Redebeiträgen nicht gefilmt zu werden, wäre dies nach Ansicht der damaligen Antragsteller zu respektieren gewesen.
Kommunalwahlen abwarten
Damals wie heute waren die nächsten Kommunalwahlen in Hessen in Sicht. Und ebenso damals wie heute verwies die CDU-Fraktion auf diesen Umstand und hält es für sinnvoller, wenn in erst in ein paar Monaten die neu gewählte Gemeindevertretung über das Thema noch einmal diskutiert und dann eine Entscheidung fällt. Man beantragte deshalb die vorläufige Überweisung des Antrags in den Haupt- und Finanzausschuss, was die Gemeindevertretung am vergangenen Donnerstag auch einstimmig befürwortete.
Damit ist dieser Antrag schon einen Schritt weiter gekommen, als sein Vorläufer anno 2020, denn damals wurde dieser direkt mehrheitlich abgelehnt, als CDU, SPD und die Grünen gemeinsam dagegen votierten.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Frank Fichert verwies damals auf die neue Hauptsatzung von 2019, die bewusst ohne einen entsprechenden Streaming-Passus beschlossen wurde. Man sei sich damals einig darüber gewesen: „Wir sind alle keine Profis“, so Fichert vor fünf Jahren. Im Gegensatz zu Bundestags- oder Landtagsabgeordneten täte sich manch ein Parlamentarier womöglich so schon schwer genug mit Redebeiträgen, und manch einer befürchte auch, ungewollt auf YouTube oder in den sozialen Medien aufzutauchen.
Die SPD-Fraktionsvorsitzende Dorothea Barth schloss sich 2020 der Meinung ihres Vorredners an. Den öffentlichen Sitzungen der Ausschüsse und der Gemeindevertretung würde – bis auf seltene Ausnahmen – ohnehin nie ein großes Publikum beiwohnen. Zudem würde der technische und personelle Aufwand Kosten verursachen, die erst einmal vorab kalkuliert werden müssten.
Und auch den Grünen stand 2020 nicht der Sinn nach Übertragungen der hiesigen Sitzungen ins Internet. Die Plattform Live-Stream könnte dazu führen, dass eine Kultur von „Schaufenstervorträgen“ in ungebührlicher Länge im Parlament Einzug hält, so die Fraktionsvorsitzende Regina Vischer seinerzeit. Und die meist spärlich besetzten Zuschauerplätze im Parlament zeigen: Man hat auch so schon genug Öffentlichkeit; wer sich informieren will und den Sitzungen beiwohnen möchte, der könne dies tun.
Argumente 2025
Trotz des vorläufigen "Überlebens" des aktuellen FDP-Antrags im Haupt- und Finanzausschuss wurde am vergangenen Donnerstag schon deutlich, in welche Richtung die CDU im Krifteler Parlament tendiert. Dr. Daniel Fries (CDU) merkte an, dass es etwas "grundsätzlich anderes" sei, ob nun die Gemeindevertretung oder der Gemeindevorstand tagt. Letzterer sei ein geschlossener, kleiner Raum ohne Öffentlichkeit. Zudem ist Dr. Fries der Ansicht, dass die kommunalen Gremien keiner "Stärkung" bedürfen, wie sie die FDP in ihrem Antrag in Aussicht gestellt hat. "Ich habe die Handlungsfähigkeit der kommunalen Gremien bis jetzt niemals als schwach empfunden, seit ich in der Gemeindevertretung bin", so der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende. Seit 2001 musste nie eine Sitzung der Gemeindevertretung oder Ausschusssitzung abgesagt oder abgebrochen werden, es waren jeweils immer genug Mitglieder vor Ort, um beschlussfähig zu sein.
Schließlich sei Kriftel auch eine "Einheitsgemeinde", sprich: Nicht verteilt über einen riesigen Stadtbezirk oder mehrere Stadtteile. Und die öffentlichen parlamentarischen Sitzungen waren ohnehin noch nie ein waschechter Zuschauermagnet - "und wenn es denn etwas zu diskutieren gibt, sollte es schon so sein, dass man auch anwesend ist", argumentierte Dr. Fries. Man lebe schließlich davon, dass man zusammenkommt und miteinander diskutiert, und dies nicht "irgendwo im virtuellen Raum".
Antrag zu Bürgerfragestunde ebenfalls vertagt
Dasselbe vorläufige "Schicksal" ereilte noch ein weiterer FDP-Antrag, demzufolge die Einführung einer halbstündigen Bürgerfragestunde vor einer jeden Sitzung der Gemeindevertretung angeregt wird.
Gemäß dem Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit hätten Bürgerinnen und Bürger das Recht, als Zuhörer an öffentlichen Sitzungen teilzunehmen. Allerdings schließe dies das Recht aus, sich zu den Tagesordnungspunkten zu äußern oder Fragen an das Gremium zu stellen, so die FDP in ihrer Antragsbegründung. Dies führe dazu, dass eine aktive Beteiligung zwischen den Bürgern und den gewählten politischen Vertretern unterbunden werde. "Die Freien Demokraten betonen jedoch die Bedeutung eines direkten Austauschs zwischen Einwohnern und ihren Vertretern. Wir sind fest davon überzeugt, dass diese direkte Interaktion die Bürgerbeteiligung stärken und das gegenseitige Verständnis zwischen Politikern und Bürgern verbessern kann, was letztendlich das Vertrauen in die Gemeindepolitik festigt sowie das Interesse an ihr steigert", argumentieren die Krifteler Freien Demokraten. Beispiele für bereits erfolgreich umgesetzte Konzepte dieser Art seien unter anderem im benachbarten Hattersheim am Main zu finden.
Im Vorfeld hatte sich bereits der Haupt- und Finanzausschuss darauf verständigt, angesichts der zeitlichen Nähe zu den Kommunalwahlen 2026 den FDP-Antrag bis zur nächsten Legislaturperiode im Ausschuss zu belassen. Der Antrag soll dann, nach der Konstituierung der neuen Gemeindevertretung und der neuen Ausschüsse, erneut zur Beratung vorgelegt werden.
Die Mitglieder der Gemeindevertretung stimmten dem Vorschlag des Haupt- und Finanzausschusses schließlich einstimmig zu.
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