Anstelle der knapp 120 Jahren alten Sandsteinmauer, die sich vom Kindergarten bis zur Schwarzbachmündung zieht, wird eine 90 Zentimeter hohe Betonmauer entstehen.
Diese wird im Falle eines Hochwassers mit mobilen Elementen auf 1,35 Meter erhöht. In der Stellungnahmen der Gemeinde an den Bauherrn, das Land Hessen, wird gefordert, dass die Betonmauer mit Sandstein aus der alten Mauer verkleidet und als Abdeckung eine neue Sandsteinplatte aufgebracht wird. Diese Zusatzforderungen, wie auch eine Erneuerung der Dammstraße mit Verbundpflaster solle das Land bezahlen.
Rund 70 Besucher waren in das Ginsheimer Bürgerhaus gekommen, um die Debatte um die Deichsanierung zu verfolgen. Im Vorfeld hatte es heftige Diskussionen um den Erhalt der bisherigen Dammmauer im Bauausschuss, aber auch in der Bevölkerung gegeben (wir berichteten). Eine neu gegründete Initiative sammelte in kurzer Zeit rund 1400 Unterschriften für den Erhalt des historischen Bauwerks.
„Wir haben alle Varianten abprüfen lassen“, beteuerte Bürgermeister Richard von Neumann jetzt in der Gemeindevertretersitzung. Alle Vorschläge, die zum Erhalt der Dammmauer eingingen, seien zur zuständigen Stelle an das Regierungspräsidium Darmstadt (RP) weitergeleitet worden. Er bezeichnete die mit allen Fraktionen abgesprochene Variante als einen „tragfähigen Kompromiss“.
Die Bevölkerung bekäme „eine gleichwertige Mauer“, die aber einen besseren Hochwasserschütz böte. Die Deichsanierung im Bereich von Ginsheim-Gustavsburg stehe beim RP auf der Prioritätenliste ganz oben. Diese Position wolle man nicht gefährden, indem die Gemeinde keine Stellungnahme abgäbe, betonte der Bürgermeister. Er erwartet jetzt im Herbst ein schnelles Plangenehmigungsverfahren.
Alle Fraktionsvorsitzenden zeigten sich zufrieden mit diesem Kompromiss. Allerdings verwies Thorsten Weinerth (SPD) darauf, dass neu beraten werden müsse, wenn das RP auf die Forderung nach Zahlung der Verkleidung der Betonmauer nicht eingehen will. Es sei wichtig die alten Steine zu erhalten, machte sich Lothar Nachtmann (CDU) dafür stark, dass in jedem Fall die Betonmauer mit Resten der alten Dammmauer verkleidet wird. „1400 ist eine große Zahl von Unterschriften, die zeigt, dass sich die Bürger auf den Weg machen“, freute er sich über die Willensbekundung der Bevölkerung.
„Die neue Mauer soll so aussehen, wie die heutige Mauer“, forderte Albrecht Marufke von den Freien Wählern. Die Sicherheitslücke in Ginsheim-Gustavsburg müsse dringend geschlossen werden, befürwortete Claus Rethorn (Grüne) den Abriss der Dammmauer. „Es geht hier nicht um ein Museumsstück, sondern eine Sicherheitsfunktion.“ Auch Liane Wolmuth-Neliba (FDP) begrüßte den Kompromiss über alle Parteien hinweg.
Für keinen guten Kompromiss hielten dagegen drei von sechs Vertretern der Grünen den Abriss der Dammmauer. Mögliche andere Varianten seien nicht genügend mit den Bürgern diskutiert worden, kritisierte Heinz Jung. „Wir repräsentieren nicht die Mehrheit des Dorfes“, verwies er auf die Kommunalwahl im März 2011, bei der die Wahlbeteiligung unter 50 Prozent lag. Deshalb könne man sich in diesem Fall nicht einfach über die klar geäußerten Wünsche der Bürger hinwegsetzen, die Dammmauer zu erhalten.
Auch Rudolf Guthmann (CDU) stimmte dem Abriss nicht zu. Beides sei wichtig: Hochwasserschutz und der Erhalt der historischen Mauer. Damit verschwinde ein Stück altes Ginsheim, betonte er. „Es ist ja nicht so, dass wir die erste mobile Wand in Deutschland hätten“, wunderte sich Guthmann über die Ablehnung dieses Sicherheitssystems. Für ihn ist der Aufbau einer mobilen Wand, bei der die alte Dammmauer stehen bleiben könnte, weiterhin eine gute Lösung.
„Dass das Land für das Loch in Ginsheim kein Geld mehr hat, glaube ich nicht“, betonte Guthmann und zeigte kein Verständnis für eine eilige Entscheidung. Er hätte es lieber gesehen, wenn noch einmal alle Varianten zum Erhalt der Mauer gründlich geprüft und in einer Sondersitzung der Gemeindevertretung beraten würden. „Dem RP androhen, dass wir in ein Planfeststellungsverfahren gehen“, rät er, um den Mauerabriss zu verzögern.
Guthmann kritisierte zusätzlich, dass es mit einem Verkleiden der Betonmauer nicht getan sei. Das würde den Steincharakter nicht wiedergeben, warnte er. Seine Forderung: „Nicht verkleiden, sondern aufmauern.“
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