Im Sommer Bleiau statt Schreinerei

Auch Gustavsburg verfügte über Strandbad – Gelände ist heute zugewachsen

GUSTAVSBURG (ast) – Heute wächst dort dichtes Gestrüpp: Nicht nur die Ginsheimer, auch die Gustavsburger planschten ehemals in ihrem eigenen Strandbad. Es lag in der Nähe des Campingplatzes Hagelauer. Der Bleiaubach, ein Ausläufer des Rheins, bot ein idyllisches Badevergnügen. Nicht nur viel Natur erfreute hier die Besucher. Ein mit Rundhölzern abgetrennter Nichtschwimmerbereich lud zum Erfrischungsbad ein. Zusätzlich standen ein Einmeter- und ein Dreimetersprungbrett für wagemutige Schwimmer zur Verfügung. Auf dem heute völlig zugewachsenen Gelände gab es Umkleidekabinen, einen Erste-Hilfe-Raum, eine separate Toilettenanlage mit Plumpsklos sowie ein Getränke- und Süßigkeitenverkauf. Eine Liegewiese, die sich fast bis zum Hochwasserdamm zog, komplettierte die umzäunte Anlage. 

 

Das Strandbad wurde in den 1930er-Jahren von der MAN-Werksleitung gegründet und betrieben. Sogar ein Bademeister wachte über die Anlage. Jakob Winterhalter war als Schreiner bei der MAN angestellt. Ab Mai jeden Jahres verlagerte er seinen Arbeitsplatz und tauschte die staubige Schreinerwerkstatt mit dem sonnigen Sandstrand am Bleiaubach. Bis zum Ende der Schwimmsaison hatte Winterhalter einen Traumjob. Insgesamt rund 17 Jahre betätigte er sich dort als Bademeister. Seine Frau Elisabeth saß in einem Kassenhäuschen am Eingang des Strandbades und kassierte 20 Pfennig Eintritt pro Person. An Wochenenden mit viel Sonnenschein zog es nicht nur die Gustavsburger an den Badestrand. Besonders auch Kostheimer und Bischofsheimer schätzten damals die Schwimmanlage.
Ähnlich wie in Ginsheim, wurde das Gustavsburger Strandbad nach dem Zweiten Weltkrieg aufgegeben. Die Wasserqualität wurde zunehmend bedenklich. Rudi Winterhalter, Sohn des ehemaligen Bademeisters, vermutete, die Schließung sei um das Jahr 1953 gewesen. Bürgermeister Richard von Neumann, dessen Vater den Getränkekiosk am Gustavsburger Strandbad betrieb, erinnert sich, dass der Badebetrieb noch bis zum Jahr 1963 bestand. 
Vom schönen Sandstrand und der Liegewiese ist heute nichts mehr zu sehen. Viel Buschwerk ist inzwischen über die Anlage gewachsen. Im Jahr 2005 tauchte das ehemalige Gustavsburger Strandbad kurzfristig wieder auf. Gemeindevertreter Siegfried Nachtmann, damals parteilos, schlug vor die Anlage wiederzubeleben und ein „Einfachschwimmbad“ zu errichten. Die noch bestehenden Fundamente der ehemaligen Umkleidekabinen könnten genutzt werden, um eine neue Toilettenanlage zu bauen, so sein Vorschlag. Der Schlick, der sich im Uferbereich über die Jahre angesammelt hat, müsse entfernt werden, um den Badenden wieder einen Sandstrand präsentieren zu können. Seine Idee verlief im Sande. Das Gelände hat inzwischen den Status eines Europäischen Vogelschutzgebiets und bleibt deshalb unangetastet. 
Was den Gustavsburgern vorläufig noch zum Sonnenbaden bleibt, ist der sogenannte „Ginsheimer Bogen“. Das ist ein von Bäumen umstandener Sandstreifen am Main neben der Kostheimer Brücke. Aber auch dieser Flecken ist bedroht. Wie schon vielfach berichtet, ist im Zufahrtsbereich zur Kostheimer Schleuse die Abgrabung des „Ginsheimer Bogens“ geplant, weil er eine Engstelle für die Schiffsverkehr darstellt.
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