Gestalten dürfen die Fraktionen Bürgermeister Thies Puttnins-von Trotha legt einen unausgeglichenen Haushaltsentwurf für 2020 vor

Bürgermeister Thies Puttnins-von Trotha legt einen unausgeglichenen Haushaltsentwurf für 2020 vor

Früh ist sie auch in diesem Jahr wieder dran mit dem Aufstellen der Haushaltszahlen für die Stadt. Die Ginsheim-Gustavsburger Kämmerei hat der Stadtverordnetenversammlung in der Oktobersitzung die Zahlen für das Jahr 2020 vorgelegt, so dass es theoretisch wie im Vorjahr klappen könnte mit einer Verabschiedung noch im Spätherbst. Eigentlich ein so vorgesehener Ablauf der kommunalen Finanzverwaltung: Erst den Haushalt festlegen, dann das Geld ausgeben, das in dieser Satzung zur Ausgabe vorgesehen ist.

Diese Reihenfolge klappt in der Praxis in den wenigsten Kommunen – manche schieben es immer noch auf die Umstellung vom kameralistischen System auf die Doppik, die in Hessen vor nunmehr zehn Jahren eingeleitet wurde. Auch in Ginsheim-Gustavsburg könnte es in diesem Jahr enger werden als noch 2018, weil es deutlich mehr Streitpotenzial gibt als im Vorjahr. Denn die fetten Jahre gehen zu Ende, das macht der Entwurf deutlich, den Bürgermeister Thies Puttnins-von Trotha den Fraktionen präsentierte. Er weist im Ergebnishaushalt – also bei den Aufwendungen und Erträgen aus der Tätigkeit der Stadt – ein Defizit von 1,225 Millionen Euro auf.

Das darf nicht sein. Das weiß der Bürgermeister, das wissen die Fraktionen, und die dürfen sich schon mal ärgern, dass der Rathauschef diesen Weg der Annäherung an die Wahrheit wählte. Eigentlich, so könnte man es schließlich auch sehen, sollte der Bürgermeister einen Haushalt vorlegen, der so auch verabschiedet werden könnte und dann sehen, was die Fraktionen daraus machen. Puttnins-von Trotha nahm den anderen Weg, ließ die Ausgaben so aufstellen, wie es dem Voranbringen der aktuell diskutierten Themen entspräche. Und nun dürfen die Fraktionen sich die Köpfe darüber zerbrechen, wo sie die 1,2 Millionen wegstreichen oder durch Einnahmeerhöhungen wettmachen.

„Ich bringe bewusst einen Haushalt ein, der zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeglichen ist, denn der Ausgleich wäre nur mit einer Anhebung der verschiedenen Steuern oder Kürzungen möglich gewesen“, erläuterte Puttnins-von Trotha. Ziemlich schlau vom Rathauschef, die Buhmannrolle auf die Weise den Fraktionen zuzuschieben. Die müssen sich nun etwas ausdenken und Mehrheiten dafür bilden, denn einen negativen Haushalt dürfte die Stadt bei der Kommunalaufsicht kaum durchbekommen.

Was die Fraktionen von der taktischen Route des Bürgermeisters halten, wird sich vielleicht in der beratenden Sitzungen des Finanzausschusses zeigen, der sich am kommenden Donnerstag (14.) zur ersten Lesung des Haushaltsplans trifft. Sie kommen bei der Vorstellung des Etats durch den Bürgermeister eigentlich nicht zu Wort, SPD-Fraktionschefin Melanie Wegling allerdings hatte grundsätzliche Anmerkungen zum Vortrag des Bürgermeisters zu machen. Weniger, weil sie sich wunderte, „dass Sie einen Haushalt mit 1,2 Millionen Euro Defizit vorlegen“, trat sie ans Mikrofon. Vielmehr ärgerte sie der Stil der Haushaltsrede des Bürgermeisters. Der habe „nichts Besseres zu tun, als die SPD mit Vorwürfen zu überziehen“. Das sei kein würdiger Auftakt in die Beratungen eines Haushalts mit diesem Defizit.

In der Tat war es keine allzu nüchterne, im Sinne einer neutralen Rede, die Puttnins-von Trotha bei seiner Einbringung hielt. Das muss man ihn irgendwie nachsehen, gibt es doch eher wenige Gelegenheiten im Gremienalltag, richtig und falsch klar zu benennen. Man konnte fast annehmen, dass der nächste Bürgermeister-Wahlkampf vor der Tür steht bei manchen Passagen der Rede. Lob für die CDU-Initiativen, Kritik an SPD-Haltungen – legitim, das so einzubauen bei einer Zahlenpräsentation, aber der Kooperation der Fraktionen bei den anstehenden Beratungen war das eher nicht zuträglich.

So attackiert der Bürgermeister die Haltung der SPD in der Frage zum Bürgerhaus Gustavsburg. Die habe die Verwaltung nach der jüngsten Ausschusssitzung als „Bremsklotz“ bezeichnet. Das zeige, „wie die SPD über die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung denkt“. Wegling korrigierte in ihrer Replik die Interpretation des Bürgermeisters dieser Aussage: „Das mit dem Bremsklotz bezog sich auf den Rathauschef.“

Der einzige Lösungsvorschlag, den die SPD vorgeschlagen habe, um den Bürgerhausneubau auf den Weg zu bringen, die KWG als potenziellen Geldgeber einzubinden, sei unbrauchbar, kritisierte der Bürgermeister, weil deren Betriebskommission unlängst klargestellt habe, dass sie dies finanziell nicht leisten könnte. Der Bürgermeister zitierte auch SPD-Ausschussmitglied Carsten Nickel aus einer Ausschusssitzung mit den Worten: „Wenn wir ehrlich wären, würden wir dem Bürger sagen, dass wir uns aufgrund unserer finanziellen Lage kein Großprojekt leisten können“ und zog daraus den Schluss, dass die SPD ehrlich denken möge, „aber ehrliche Finanzpolitik wird es so schnell mit der SPD nicht geben“.

Der Rathauschef reagiert eben empfindlich auf vermeintliche oder tatsächliche Attacken gegen die Arbeitsleistung seiner Verwaltung. In einer späteren Passage seiner Rede kam er darauf zurück und mahnte – allgemein gesprochen – einen „respektvollen und sachorientierten Umgang seitens der Politiker gegenüber den Verwaltungsmitarbeitern“ an. Den in den jüngsten Jahren zu spürenden Verlust an Respekt im Umgang miteinander erlebten nicht nur Politiker. Ebenso wenig könne aber eine Abwertung der Beschäftigen der Verwaltung durch Politik und die Zivilgesellschaft hingenommen werden. „Ich akzeptiere diese Art und Weise nicht“, lautet die einzige, neben dem Nickel-Zitat fett gedruckte Passage in der Rede des Bürgermeisters.

In einer späteren Stelle wird klar, dass er auch mit diesen Sätzen auf die Sozialdemokraten zielte. Er erinnere sich an Aussagen einzelner SPD-Fraktionsmitglieder, die den städtischen Kita-Erzieherinnen mangelnde Kreativität oder Flexibilität vorgehalten hätten. Diesen Vorwurf lasse er nicht gelten und weise ihn „aufs Schärfste zurück“. Um im Kampf um zusätzliche Erzieher/innen auf dem engen Markt punkten zu können, sei das Thema Jobticket interessant, das zudem ein Baustein der Mobilitätswende in der Stadt sein könne.

Der Bürgermeister widmete sich diesem Bereich sehr ausführlich und stellte die geplanten Aktivitäten im Rahmen der „Gigu macht’s“-Kampagne vor, bezifferte aber neben 20.000 Euro als Anfangsinvestition in das "MVG meinRad"-Projekt keine Ausgaben, die mit der Umsetzung der zum Teil bereits beschlossenen Punkte verbunden sind. Zumal die noch nicht in jedem Fall absehbar und haushaltsrelevant für 2020 sein müssen.

Vorangestellt hatte Puttnins-von Trotha in seiner Rede zunächst die beiden Investitionsfelder, das Bürgerhaus (300.000 Euro Planungskosten) und den Sportplatz Gustavsburg (80.000 Euro Sanierungsaufwand). Das läuft beim Bürgermeister unter der Überschrift „Stärkung des ehrenamtlichen Engagements“ als „tragende Säule einer funktionierenden Stadt“. Mit SKB, SKG und Gewerbeverein sei beschlossen, ein Fest für Ehrenamtliche zu organisieren.

Die Personalkosten steigen 2020 durch tarifliche Entwicklungen und die zusätzlichen Kita-Kräfte um 508.000 Euro auf 12,23 Millionen Euro. Eine Entwicklung im Stellenplan, die sich aus dem Bevölkerungsanstieg auf inzwischen 17.000 Bürger in der Stadt erkläre. 250.000 Euro will die Stadt in das Außengelände der Kita V (Mainpiraten) investieren, „ein erster Schritt, um den Rückmeldungen der Erzieher und Erzieherinnen nachzukommen“.

Das müsste sich freilich positiv auf die Steuereinnahmen auswirken, und davon geht der Bürgermeister auch aus. Das zeigen auch die...

Eckzahlen

…des Haushalts. Diese werden sich gegenüber dem Entwurf noch deutlich verändern, mit und ohne Eingriff der Fraktionen, denn einige Faktoren sind noch gar nicht bekannt, wie Puttnins-von Trotha betonte. So, wie sich das neue „Starke-Heimat-Gesetz“ des Landes auf den Fördermittelzufluss in die Stadtkasse auswirken wird. Demnach dürfen finanzschwache Kommunen künftig mehr Anteile der Gewerbesteuer behalten und weitere Förderung für Investitionen in die Infrastruktur erhalten. Oder auch das „Gute-Kita-Gesetz“, ein Bund-Länder-Topf.

Festlegen musste die Verwaltung sich bei ihren Erwartungen an Steuereinnahmen und Abgabenhöhen. Zum Problemfeld scheint sich die

Gewerbesteuer

zu entwickeln, die in diesem Jahr mit 5,4 Millionen Euro um 1,3 Millionen unter dem Ansatz von 6,7 Millionen Euro bleiben wird. Der Ansatz für 2020 beträgt nun 5,9 Millionen Euro. Man wird bescheidener, setzt aber gleichzeitig auf einen Anstieg um 500.000 Euro gegenüber der aktualisierten Erwartung für 2019.

Die

Grundsteuer B

wird 4,1 Millionen Euro betragen, könnte aber ganz schnell ein Ansatzpunkt der Fraktionen nach einer Einnahmeerhöhung zum Haushaltsausgleich geraten und entsprechend höher ausfallen.

Größter Einnahmenposten wird der Anteil an der

Einkommenssteuer

, der der Stadt zukommt. Das sollen 2020 rund 10,265 Millionen Euro werden, satte 700.000 Euro mehr als im Ansatz 2019.

Um 600.000 Euro steigen die

Schlüsselzuweisungen

an die Stadt auf rund 5,687 Millionen Euro.

Bei den

Abgaben

macht der Anstieg der Schulumlage um 1,4 Punkte für die Stadt eine Mehrbelastung von 333.000 Euro aus. Macht zusammen mit der

Kreisumlage

13,125 Millionen Euro Abführung „an den Landrat“.

Der Posten alleine verschlinge 35 Prozent der Einnahmen, weitere 33 Prozent machen die 12,227 Millionen Personalkosten aus, macht 68 Prozent Fixkosten. Hinzu kommen als größter weiterer Posten die

Sach- und Dienstleistungen,

hier stehen 7,8 Millionen Euro an.

Insgesamt ergibt sich ein Einnahmenvolumen von 36,416 Millionen, dem Ausgaben von 37,641 Millionen Euro entgegenstehen, das ergibt das Defizit von rund 1,224 Millionen. An dem die Fraktionen nun herumschrauben müssen. Im Entwurf des Bürgermeisters wird übrigens von unveränderten Hebesätzen bei den Grundsteuern und der Gewerbesteuer ausgegangen, aber vielleicht haben die Fraktionen ja noch eine andere Idee, wie sich der (vorgeschriebene) Ausgleich herstellen lässt.

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