Der Schlammhügel will abgetragen werden

Die Schwarzbachmündung ist reif für nächste Ausbaggerung – Stadt hofft auf Geld vom Verband

GINSHEIM (gus) – Über den Kostenrahmen der Aktion gibt es Erfahrungswerte. Rund eine Million Euro musste die damalige Gemeinde Ginsheim-Gustavsburg 2005 berappen, als letztmals die Schlammablagerungen auf Höhe der Schwarzbachmündung abgebaggert und das Material von unzähligen LKW auf die Büttelborner Deponie gebracht werden musste. Wer um den Jahreswechsel am Altrhein spazieren ging und bis zur Schwarzbachmündung vorstieß, erkannte dank des Niedrigstands des Wassers sehr gut, wie stark inzwischen wieder neue Ablagerungen den Mündungsbereich aufgefüllt haben. Zweifellos wäre eine neuerliche Ausbaggerung angesagt, doch schon vor zehn Jahren nahm die Beseitigung des Schlamms finanzielle Ausmaße an, die eigentlich nicht tragbar waren für die Gemeindekasse.

Inzwischen ist die Ebbe im Haushalt der Stadt noch größer. „Ich sehe nicht, wo wir die Million hernehmen sollten – und in zehn Jahren wäre es dann erneut so weit“, sagte Bürgermeister Richard von Neumann in der jüngsten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung. Die Gremien befassten sich vor der Weihnachtspause – gleichzeitig die letzte Sitzungsrunde vor der Kommunalwahl – auf Vorschlag des Umweltamtes mit einem Prüfauftrag an den Magistrat. Der soll ausloten, ob der Bereich zwischen Neuauspitze und Bootssteg Haupt in die Liste der vom Wasserverband Schwarzbachgebiet-Ried zu bewirtschaftenden Gewässer aufgenommen werden kann. Dem Vorschlag stimmten die Ausschüsse und die Stadtverordnetenversammlung einstimmig zu.

Klar, warum die Stadt dies erreichen will: Übernimmt der Verband die Verantwortung für die rund 180 Meter Verlängerung des Mündungsbereichs des Schwarzbachs und nimmt den Bereich in die Auflistung der Abschnitte mit Pflegebedarf auf, muss er künftig auch die Kosten für die Beseitigung der Ablagerungen zumindest hauptsächlich tragen. Das Problem, das die Stadt in dem Verband mit dem Thema bekommen wird: Zwingen können die Ginsheim-Gustavsburger die anderen im Verband zusammengeschlossenen Kommunen kaum, dieser Aufnahme zuzustimmen. Und weil die genau wissen werden, warum die Ginsheim-Gustavsburger diese Erweiterung wollen, dürfte die Bereitschaft dazu erst einmal gering ausgeprägt sein.

Es geht also um Überzeugungsarbeit im Wasserverband. Die Gemeinde könnte die Bereitschaft einbringen, über eine deutliche Erhöhung ihres Mitgliedbeitrags zu reden, der derzeit 1500 Euro im Jahr beträgt. „Selbst, wenn es nach der Aufnahme des Abschnitts künftig 15.000 Euro wären, wäre das für die Stadt noch eine gute Lösung“, betont die Verwaltung.

Nach entsprechenden Anträgen der SPD und der Freien Wähler hatte es im vergangenen Jahr Untersuchungen der Schlammschichten samt Laboruntersuchungen gegeben. Das Ergebnis: Der Schlamm setzt sich zu drei Vierteln aus Blattwerk und anderen pflanzlichen Elementen sowie zu einem Viertel aus Sedimenten zusammen. Die Schadstoffuntersuchung ergab, wie schon 2005, dass die Belastung gering genug ist, dass der Schlamm nach einer „allerdings aufwändigen“ Behandlung nicht als Sondermüll gelten würde und entsprechend wieder auf die Deponie verbracht werden könnte. Somit geht der Gutachter von 924.000 Euro Kosten aus – falls in den bei der Untersuchung unzugänglichen Bereichen nicht noch stärker belastete Materialien auftauchen. Hinzu kommen weitere Kosten für das Genehmigungsverfahren, das ebenfalls Gutachten verlangt, sowie ein Entsorgungskonzept und die Wiederherrichtung des Bereichs nach dem Eingriff.
Der Königsweg – auch einer, der mit dem Schwarzbachverband zu diskutieren ist – wäre es freilich, das hohe Aufkommen an Ablagerungen abzubauen, die erst seit rund 100 Jahren in Ginsheim ein Thema sind und zweifellos mit der intensiven Bewirtschaftung der Flächen links und rechts des Baches zu tun haben. Bedeutende Beiträge zur Problemlage leisten laut Verwaltung nämlich die Schwebstoffeinträge über das Schwarzbach-Landgraben-System, das dem Abfluss des Wassers aus den Kläranlagen und den Rückhaltebecken dient.

Bäume und Wasserpflanzen sorgen für den hohen Eintrag an organischen Materialien. Weitere Faktoren, die die Ablagerungen begünstigen, seien Feinsande, die vom Rhein kämen, sowie die niedrige Fließgeschwindigkeit des Altrheins, erläutert die Verwaltung. Nicht alle Faktoren, die zur Erhöhung des Eintrags führten, sind also negativ zu sehen. So wurde der stärkere Pflanzenwuchs nur durch die deutlich bessere Wasserqualität möglich, die heute im Vergleich zu früheren Jahrzehnten auch im Schwarzbach zu finden ist. Auch die verbesserte Klärtechnik habe dazu beigetragen, dass der Eintrag eher geringer sei als in früheren Jahrzehnten.
Schon nach der Ausbaggerung 2005 hatte man sich innerhalb des Verbands durchaus Gedanken gemacht, wie der organische Eintrag reduziert werden kann. Am Ginsheimer Sperrtorwerk wurde damals ein sogenannter Tauchbalken eingebaut, der einen Großteil der Blätter und Äste abfängt. Es werde auch heute mehr darauf geachtet, dass bei Mäharbeiten das Material nicht im Bach verschwindet, sondern vor Ort abgetragen wird.

Eine Reihe Verbesserungen also, die aber offenbar nicht ausreichen. „Letztlich bleibt nur die politisch zu entscheidende Alternative, den Verlandungsprozess zuzulassen oder diesen durch die periodische Entnahme der Sedimente zu verhindern“, schließt die Vorlage. Claus Rethorn (Grüne) sieht schon durch die Dominanz der Stadt Darmstadt im Schwarzbachverband wenig Chancen, die Verbandsversammlung für das Ginsheim-Gustavsburger Ansinnen zu gewinnen. Helfen könnte es, wenn die Stadt sich nicht im Hinblick auf die Sicherung des Bootsbetriebs auf dem Altrhein um das Thema Ablagerungen sorgen würde, sondern die Zielrichtung auf eine Vorflutsicherung an der Stelle richte, glaubt Rethorn. Die Zukunft der Bootsstege im Altrhein steht für ihn Frage, weshalb die Stadt keine Vertrauenstatbestände entstehen lassen dürfe. Die Gastronomie im Bootshaus bezeichnete er zudem als „Phantomdiskussion“.

 

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