Wo Witwe Schrepfers Limo mundete

Das Strandbad Mainz-Ginsheim gab es nicht einmal zwei Jahrzehnte lang

GINSHEIM (ast) – Sonne, feinkörniger Sandstrand und sommerliche Badefreuden – das verbinden heutige Besucher selten mit Ginsheim. Das war im vergangenen Jahrhundert anders: Ab 1927 bot der Fluss im Sommer eine besondere Freude. In jenem Jahr wurde das Ginsheimer Strandbad eröffnet. Es befand sich auf der Rheininsel Langenau im Bereich der sogenannten Rabeninsel am Großrhein.

 

Dort, wo der ehemalige Mühlkanal zum Altrhein abzweigte, gaben sich nicht nur die Ginsheimer ausufernden Badefreuden hin. Ein natürlicher Sandstrand lockte viele Badegäste, besonders auch aus Mainz, in die Altrheingemeinde. Sonnen auf der Liegewiese war ebenfalls möglich, denn damals standen auf diesem Inselabschnitt nur wenige Bäume. Von 1930 bis 1945 war Ginsheim ein Stadtteil von Mainz. „Strandbad Mainz-Ginsheim“ wurde deshalb der vielbevölkerte Rheinstrand genannt, der sogar auf Postkarten verewigt wurde.
Die Stadt als Trägerin verpachtete das Gelände an eine Witwe Schrepfer. Diese übernahm den Verkauf der Eintrittskarten und die Betreuung der Umkleidekabinen. Die angebotene Limonade und das Mineralwasser stellten die Schrepfers in ihrem Haus in der Dammstraße 15 selbst her. Mit einem Pferdewagen ausgestattet, belieferten sie auch die Gasthäuser in Ginsheim. Sogar in Königstädten soll man damals Erfrischungsgetränke aus der Altrheingemeinde genossen haben.
Anfangs wurden die Badegäste mit einem alten Mühlennachen übergesetzt. Nachdem im August 1931 die MAN eine kleine Brücke über den Mühlkanal gebaut hatte, konnten die Besucher das Strandbad über die Ginsheimer Fähre erreichen. Auch die sogenannte „Weiße Flotte“ legte bei Bedarf an einem Steg der Nonnenau an. Damit wurden die Mainzer Badegäste zu den Ginsheimer Wasserfreuden transportiert.
Nicht nur im Großrhein tummelten sich die Besucher. Kostenloses Planschen war im Altrhein möglich. Hier wurde keine Eintrittsgebühr erhoben. Weil auch das übersetzen entfiel, war das der schnellste und billigste Weg, etwas vom kühlen Nass abzubekommen. Nicht erst seit der Eröffnung des Strandbads erfrischten sich die Ginsheimer im Fluss. Das Schwimmen wurde allerdings überwiegend an einer anderen Stelle gelernt. Um 1900 startete der Ginsheimer Nachwuchs, meist nur die Jungen, ihre ersten Schwimmversuche im Schwarzbach. Damals war das Wasser noch klarer und von Krebsen besiedelt. Mancher Bub brachte gleich noch selbst gefangene Schalentiere und Fische von den Schwimmübungen mit nach Hause.
Später machten die Kinder mit einer sogenannten Schwimmbüchse erste Schwimmversuche. Große runde Bonbonbüchsen, zum Beispiel vom Bäcker, wurden zugelötet und mit einem Lederriemen umgeschnallt. Die eingeschlossene Luft hielt den Nachwuchs über Wasser. Auch im Ginsheimer Strandbad waren diese Schwimmhilfen noch üblich. Daneben gab es Korkgürtel, die ebenfalls für Schwimmanfänger verwendet wurden.
In der Chronik von Ginsheim-Gustavsburg (herausgegeben 1976) steht: „Nach dem Krieg war von dem Strandbad nichts mehr zu sehen, doch war diese Stelle am Rhein bis Ende der 50er-Jahre ein beliebter Badeplatz für die Ginsheimer und Ginsheimer Gäste. Die Verschmutzung des Rheins machte später das Baden und Schwimmen im Rhein fast unmöglich.“ Heute ist, bei gestiegener Wasserqualität, das Baden im Altrhein, wie auch im Großrhein wieder möglich. Auf der Rabeninsel wird es, trotz guter Badebedingungen, kein Strandbad mehr geben. Da der Bereich des ehemaligen Ginsheimer Strandbads inzwischen zum europäischen Vogelschutzgebiet erklärt wurde, ist ein offizieller Badebetrieb dort nicht mehr denkbar. 

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