Kein Flieger in der Mediationsnacht

Flughafen: Hessischer Verwaltungsgerichtshof ordnet vorläufig Nachtflugverbot an 

RÜSSELSHEIM/RHEIN-MAIN (pm/al) – Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (HessVGH) in Kassel hat mit Beschluss vom Dienstag (10.) die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 18. Dezember 2007 an der Stelle angeordnet, wo dieser planmäßige Flüge in der Zeit von 23 bis 5 Uhr zulässt. Dies bedeutet, dass ab der Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest am 21. Oktober in dieser Nachtzeit (Mediationsnacht) keinerlei planmäßiger Flugbetrieb abgewickelt werden darf.
Die Fraport hatte das Nachtflugverbot beantragt; die Landesregierung hatte jedoch in ihrem Planfeststellungsbeschluss 17 planmäßige Nachtflüge „genehmigt“. Zu ihrer Überraschung beurteilten die VGH-Richter diese Nachtflüge als rechtswidrig. Die Landesregierung, obwohl angeblich dafür, zog nun gegen das Kasseler Nachtflugverbot vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, mit dem Argument, rechtliche Klarheit darüber schaffen zu wollen, ob die von der Fraport beantragte Null-Lösung möglichen Klagen etwa der Lufthansa überhaupt standhält.
„Rechtswidrig“
Die Entscheidung des HessVGH erging auf einen Eilantrag einer Privatklägerin aus Rüsselsheim, die vom Rüsselsheimer Verein LAERM („Leben, Arbeiten, Erholen, Rhein, Main“) unterstützt wird. Die Klägerin hatte bereits Anfang 2008 gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben und zugleich einen Eilantrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gestellt. Diesen Eilantrag hatte der VGH mit Beschluss vom 15. Januar 2009 ebenso abgelehnt wie die Eilanträge aller anderen privaten und kommunalen Kläger. Dabei stand damals allerdings die Frage eines Baustopps im Vordergrund, so dass die Rechtmäßigkeit der Nachtflugregelung bisher noch nicht abschließend geprüft wurde.
Den erneuten Eilantrag nahm der Verwaltungsgerichtshof jetzt zum Anlass, seine Entscheidung vom 15. Januar 2009 abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Klage zumindest im Hinblick auf den Flugbetrieb in der Mediationsnacht anzuordnen. Damit bestätigten die Richter ausdrücklich ihr Urteil vom 21. August 2009, in dem sie die Zulassung von 17 planmäßigen Flugbewegungen zwischen 23 und 5 Uhr als „rechtswidrig“ beanstandet hatten.
„Wenigstens sechs Stunden“
„Die Hessische Landesregierung meinte, sie könne die Entscheidung des obersten hessischen Verwaltungsgerichts ignorieren und den Nachtflugbetrieb am Frankfurter Flughafen einfach durchpeitschen. Dafür hat sie mit dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs jetzt die Quittung bekommen“, äußerte Dieter Unkrich, der Erste Vorsitzende des Vereins LAERM, nach Bekanntwerden des Beschlusses. Er sieht in dem Beschluss einen Erfolg des unbeirrten Einsatzes gegen den Flughafenausbau. „Ab dem 21. Oktober können die Menschen in der Rhein-Main-Region wenigstens für sechs Stunden ruhig schlafen. Damit wird ein langjähriges politisches Versprechen endlich eingelöst. Es ist bedauerlich, dass die Landesregierung hierzu erst gerichtlich gezwungen werden musste.“
„Der Beschluss des HessVGH ist nicht mehr anfechtbar und gilt zunächst zeitlich unbegrenzt. Das Klageverfahren der Privatklägerin, deren Eilantrag am Dienstag erfolgreich war, wurde nämlich vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof bis zum Abschluss der Musterverfahren ausgesetzt. Ein abschließendes Urteil in diesem Verfahren liegt also in weiter Ferne. Bis dahin gilt die heutige Entscheidung und ist planmäßiger Flugbetrieb in der Mediationsnacht also unzulässig“, erläuterte Rechtsanwalt Dr. Tobias Lieber aus der Freiburger Kanzlei Schotten und Friedrich Bannasch Rechtsanwälte, die das Eilverfahren für den Verein LAERM und die Stadt Rüsselsheim geführt hat.
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