Kurz und schmerzvoll

Erfolgloser Protest gegen Baumfällung – Bürgermeister verteidigt Maßnahme mit „vernünftiger Bauausführung“ in der Riedstraße

Nicht nur für Naturfreund Bernd Zürn (rechts) ein trauriger Anblick: Die gefällten Tulpenbäume in der Riedstraße.
(Fotos: R. Dörhöfer)

FLÖRSHEIM (drh) – Rund 60 Bürger waren dem BUND-Aufruf gefolgt, um sich am Freitagvormittag, 17. Februar, in der Riedstraße für den Erhalt von dreizehn Tulpenbäumen stark zu machen. Die Stadt hatte die Fällung der Bäume im Rahmen der laufenden Umbaumaßnahmen der Straße angekündigt. „Die Bäume sind kerngesund, der Bürgersteig ist unbeschädigt. Warum belässt man die Situation nicht, wie sie ist?“ fragte BUND-Mitglied Bernd Zürn, der die Presse und auch Bürgermeister Michael Antenbrink zu dem Ortstermin geladen hatte. „Wo ist die Vorbildfunktion der Stadt?“, fragten die aufgebrachten Bürger, die das angedachte Fällen keinesfalls nachvollziehen konnten. Als vom Fluglärm belastete Kommune müsse sich die Stadt für den Erhalt der Natur einsetzen: „Wie sollen wir sonst noch gute Luft atmen“, so die Menschen, die kein Verständnis für das Vorhaben aufbringen konnten.

Bürgermeister Michael Antenbrink erklärte, dass auf Wunsch der Anwohner im Zuge der Straßensanierung mehr Stellplätze geschaffen werden sollten und so der Parkstreifen auf die Baumseite verlegt werde. Zwei anwesende Anwohner legten Einspruch ein, denn keiner der Nachbarn wolle, dass die Bäume gefällt werden. Als die Bürger fragten, ob die Maßnahme überhaupt von den Gremien genehmigt sei, erklärte Antenbrink, dass er sehr wohl die Pläne den zuständigen Gremien vorgelegt habe. Zunächst seien die Planer aber davon ausgegangen, dass die Bäume erhalten werden können. Aufgrund neuer Querschnittsberechnungen sei dies nun aber doch nicht möglich. „Die Bäume müssen über kurz oder lang sowieso gefällt werden. Drei Bäume waren schon eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit“, erklärte Antenbrink.

Bernd Zürn betonte dagegen, dass die Bäume eine Lebenserwartung von 250 Jahren hätten, wenngleich einzelne Bäume auch vorher schon einmal krank werden könnten. „Die Bäume sind jetzt erst 50 Jahre alt. Warten wir doch einfach ab“, sagte Zürn. Antenbrink führte Ersatzpflanzungen von jungen Bäumen ins Feld, was aber nichts an der Ablehnung des Vorhabens durch die versammelten Bürger änderte. „Das kann kein gleichwertiger Ersatz für diese groß gewachsenen Bäume sein“, hieß es aus ihrer Mitte.

Keine Entscheidung der Gremien
Auch Vertreter aus den Gremien waren anwesend; die GALF-Fraktionsvorsitzende Renate Mohr und der dfb-Fraktionsvorsitzende Thomas Probst versicherten, dass sie von den geplanten Baumfällungen nichts gewusst hätten. Sie hätten den Straßenumbaumaßnahmen zugestimmt, vom Fällen der Bäume sei nie die Rede gewesen. Diese Entscheidung habe der Bürgermeister im Zuge seiner eigenen Ausführungsplanung gefällt.

Die Bürger machten Gestaltungsvorschläge zum Erhalt der Bäume, darunter die Verlegung des Fußweges hinter die Baumreihe oder die Verschmälerung des Gehweges, und hielten dem Stadtoberhaupt zugleich auch noch seine eigenen Wahlversprechen aus dem Jahr 2012 vor: „Die Schonung der Umwelt ist die Grundlage für alle Entscheidungen, die für die Zukunft unserer Stadt von Bedeutung sind“, hieß es in der Wahlbroschüre, aus der die Bürger zitierten.

Im Laufe dieser Woche sollten Bürgermeister Antenbrink Unterschriftenlisten für den Erhalt der Bäume übergeben werden – das war zumindest bis Dienstagvormittag der Plan. „Bürger können viel erreichen. Wer hat schon an die Wiedervereinigung geglaubt?“, meinte noch am Freitagvormittag Bernd Zürn, der die Hoffnung auf eine Einsicht des Bürgermeisters nicht aufgeben mochte. Mittlerweile ist die Hoffnung der Enttäuschung gewichen.

In aller Frühe beseitigt
Am Dienstagmorgen wurden nämlich die Bäume gefällt. Gesund waren diese Bäume, die auf Anordnung des Bürgermeisters in aller Frühe vom städtischen Bauhof beseitigt wurden, aus Sicht des Bauhofleiters Markus Hanf allesamt.

Um 6.30 Uhr begannen die Mitarbeiter des Bauhofes mit dem Fällen der Baumreihe in der Riedstraße. Nur eine Stunde später lagen die Tulpenbäume darnieder. Eine kurze und – insbesondere für die anwesenden Gegner der Baumfällung – schmerzvolle Maßnahme. „Ich kann das nicht nachvollziehen. Es gab keinerlei Mitteilungen an die Anwohner, Autos wurden nicht weggefahren, selbst der Gehweg wurde nicht einmal gesichert“, so Anwohner Roland Engelter. Einigen Leuten standen die Tränen beim Anblick der vollbrachten Tat in den Augen; selbst an den Mitarbeitern des Bauhofes schien diese Arbeitsanweisung nicht spurlos vorüberzugehen. Auf die Frage, ob einem Gärtner solch ein Handeln nicht weh tue, antwortete Bauhofleiter Markus Hanf: „Persönlichen Ansichten stehen berufliche Anweisungen gegenüber.“ Er bestätigte: „Aus meiner Sicht waren die Bäume alle gesund.“ 

Kurz vor 8 Uhr standen noch zwei Bäume, die nicht ohne Absicherungsmaßnahmen gefällt werden sollten. „Für die beiden letzten Bäume muss der Hubsteiger auf den Gehweg. Da muss gesperrt werden“, erklärte der Bauhofleiter, der sodann Mitarbeiter des Ordnungsamtes zu Hilfe rief, um Straße und Gehweg zu sperren.

Auch Bürgermeister Michael Antenbrink schaute vorbei und kommentierte: „Die Anwohner haben ein Recht, für ihr Geld eine vernünftige Bauausführung der Straße zu erhalten.“ Für Naturfreunde wie Bernd Zürn blieb lediglich Zeit, das Geschehene zu fotografieren. Zürn teilte am Dienstagnachmittag mit, dass er nichtsdestotrotz am 23. Februar im Rathaus mehrere Listen abgeben werde, auf denen sich insgesamt 120 Bürger mit ihren Unterschriften für den Erhalt der Tulpenbäume eingesetzt hatten.

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