Das Schultern der nicht zuletzt durch den russischen Angriff auf die Ukraine ausgelösten Energiekrise ist erst einmal eine auf internationaler und nationaler Ebene anzugehende Aufgabe, an der EU und Bundesregierung auch intensiv arbeiten. Aber die damit einhergehende Inflation sowie in vielen Bereichen auftretende Materialknappheit wirken sich auf allen Ebenen der Volkswirtschaften aus.
Eine davon ist an den beiden seit Monaten wie ein Mahnmal nach oben ragenden Betontürmen am Erweiterungsbau der Weilbacher Kita Pusteblume zu sehen. Dort wird der Fortschritt des Neubaus nicht zuletzt durch die Probleme der ausführenden Unternehmen ausgebremst, den Holzbau zu den vereinbarten Preisen zu bauen. Nachdem der Bau sich von den kalkulierten 1,4 Millionen Euro auf 2,2 Millionen Euro zu verteuern drohte, reagierte die Stadt mit einer Neuausschreibung und entsprechendem Baustopp.
Auf finanzielle Unwägbarkeiten für ihre Projekte müssen die Kommunen sich also einstellen. Dies zeigte sich ebenso bei der geplanten Umgestaltung des Stadtgartens, bei der das Rathaus feststellen musste, dass die veranschlagten 630.000 Euro Gesamtkosten und das, was die sich um die Ausführung bewerbenden Unternehmen aufriefen, nicht zusammenzubringen waren. So wurde im ersten Schritt der Einbau einer Wasserspiels mit Fontäne aus den Planungen gestrichen, weitere Einsparungen gegenüber den sich andeutenden Kostensprüngen soll eine erneute Ausschreibung erbringen, wenn sich die Lage auf dem Materialmarkt beruhigt hat – wann immer das sein wird.
Die FDP-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung ahnt eine ähnliche Entwicklung bei dem nächsten Projekt, der Mainufer-Umgestaltung. Sie scheiterte in der Stadtverordnetenversammlung nun aber mit einer Initiative, die „Reißleine zu ziehen", um die Stadt bei der angestoßenen Neugestaltung vor einem möglichen finanziellen Debakel zu bewahren. Der Magistrat, so forderten die Freidemokraten, solle mit den beauftragten Architekten eine Alternativplanung erarbeiten und diese den städtischen Gremien zur Beratung vorlegen. Konkret sollte die Zielrichtung sein, sich zunächst darauf zu konzentrieren, den Fußweg am Mainufer samt Beleuchtung, Grünflächen und Sitzmöglichkeiten zu erneuern „und die Gesamtkosten zu optimieren“. Auch die Radwegführung sollte dabei verbessert werden – um diesen Zusatz ergänzte die FDP ihren eigenen Antrag.
In einem zweiten Schritt sollte ein Konzept für das komplette Mainufer entstehen, das den gesamten Bereich vom Hafen im Westen bis zur Mündung des Weilbachs im Osten einschließt. Fraktionschef Thorsten Press fand schon die Kostenschätzung für die bisher bekannte Planung hoch. „Es ist bei der vorliegenden Planung kein Mehrwert zu erkennen, und aus den 3,7 Millionen Euro können schnell sechs Millionen Euro werden“, betonte er. Außerdem werde zum jetzigen Zeitpunkt lediglich ein kleiner Abschnitt des Mainufers betrachtet. Um nach Beendigung der Maßnahmen noch ein schöneres Mainufer zu haben, sollen die Gremien über ein ganzheitliches Konzept als Entscheidungsgrundlage abstimmen können.
Unterstützung kam lediglich von den Sozialdemokraten. Als „Vernunftsantrag zum richtigen Zeitpunkt, der die Umstände benennt und einen Sparwillen dokumentiert“, lobte Markus Ochs den Vorstoß der Freidemokraten. Die Anzahl der begonnenen Projekte in den Kommunen, die ins Stocken geraten, steige, betonte Ochs und zählte den Stadtgarten, die Weilbacher Kitaerweiterung, die Kleine Umgehung Weilbach und die Crossbahn auf. „Einen Schritt zurückzugehen ist da vielleicht das Richtige.“ Die Mainufergestaltung sollte bei der Neuordnung eine Priorität haben.
Dem widersprach Frank Laurent. Der GALF-Fraktionschef sprach von „Panikmache“ durch den Antrag. Die habe es schon beim Gesundheitszentrum gegeben. Dieses Projekt gäbe es bis heute nicht, „wenn wir der SPD und FDP gefolgt wären“. Die Freidemokraten wollten die Bremse ziehen, „weil sie Gespenster sehen, die noch gar nicht identifiziert sind“. Für Laurent gibt es demnach bisher keine Anzeichen für ein Problem mit der Umsetzung der Planungen. „Ich weiß nicht, was mit dem Antrag verfolgt werden soll, aber er taugt nichts“, schloss der GALF-Chef.
Tobias Ruppert (CDU) sieht in dem Antrag weniger eine Beschäftigung mit den Planungszielen der Mainufergestaltung, sondern „einen Antrag zu den Themen der FDP“, wie man sie schon aus der ISEK-Diskussion kenne, so mit der geforderten Einbeziehung des Hafens. Ruppert erwartet „die Zahlen nicht so weit weg von der Planung“, die er für eine gute Grundlage ansieht, das Mainufer erlebbarer zu machen. „Das ist ein Alleinstellungsmerkmal, keine andere Stadt in der Umgebung bietet mitten im Zentrum eine so offene Promenade.“ Der Forderung der Neukonzeptionierung unter Einschluss des Hafens wäre „eine 180-Grad-Wende, die die FDP bisher weder schriftlich noch mündlich begründet hat“, erläutert Ruppert, warum die CDU den Vorstoß ablehne.
Auch die Freien Bürger betonten schon lange, um welch ein Filetstück es sich beim Mainufer handele, schloss Thomas Probst (dfb) sich seinem Vorredner an. Entsprechende Pläne verfolge seine Fraktion bereits seit 2017, er verweis auch auf die dabei vorgetragenen Ideen von Professor Horst Thomas. Diese seien teilweise auch in das ISEK eingeflossen. „Wir müssen das Projekt auf den Weg bringen“, forderte Probst, schlug aber vor, eine Arbeitsgruppe einzurichten, „um die eine oder andere Idee einzubringen“.
Für die FDP, erläuterte Werner Duchmann, gehe es darum „aus Flörsheim etwas zu machen“. Die aktuellen Planungen nähmen aus dem ISEK-Konzept lediglich die Promenade als Teilbereich heraus, „über die Fläche zum Hafen hin wurde noch nicht gesprochen“. Seine Fraktion schlage vor, das Projekt größer zu fassen und bei der Umsetzung in längeren Zeiträumen zu denken.
Peter Kluin (GALF) dagegen sieht keinen Bedarf, Promenadenumgestaltung und den ganzen Mainuferbereich zeitgleich abzuarbeiten. „Was links und rechts davon passiert, können wir uns immer noch überlegen.“ Im Bereich „links“ stehe allerdings der anstehende Maindammumbau als Thema an. So sieht er keinen Bedarf für eine Neuorientierung. „Die Planungen sind beschlossen und werden so durchgezogen, wie wir uns das alle wünschen.“
Entsprechend fand der um die Fahrradwegplanung erweiterte Antrag nur die Unterstützung der FDP und SPD. CDU, dfb und GALF stimmten geschlossen dagegen.
Kein Merian-Bericht im HFA
Auch die Sozialdemokraten scheiterten mit einem Antrag. Der Magistrat sollte demnach die Geschäftsführung der Terra Erschließungsgesellschaft und einen Vertreter der Geschäftsführung der Merian Wohnungsbaugesellschaft in den Haupt- und Finanzausschusses einladen. Grund ist, dass die Terra zwar fünf Prozent Anteile an der Merian in Höhe von rund 1,45 Millionen Euro halte. In den vergangenen Jahren konnten jedoch keine Aktivitäten der Gesellschaften festgestellt werden.
Daher sollten die Geschäftsführer berichten, wie sich der Bestand an Sozialwohnungen in der Stadt in den vergangenen fünf Jahren entwickelt hat und wie er in fünf Jahren aussehen wird. Zudem sollt im Ausschuss dargelegt werden, welche Planungen die Gesellschaften verfolgen, "um den Bestand der Sozialwohnungen zu erhalten oder zu vergrößern". Und nicht zuletzt Stellung zu nehmen zum Ausgangspunkt des Antrags: „Macht es aus Sicht der Terra noch Sinn, die Merian-Anteile zu halten?“ Wenn in den Gesellschaften nichts passiere in Sachen Sozialer Wohnungsbau, „dann können wir das Geld auch nehmen und es der Terra für eigene Projekte geben“, erläuterte Fraktionschefin Melanie Ernst.
Die Koalitionsfraktionen wollen eine solche Erklärungsnot in öffentlicher Sitzung unbedingt vermeiden, so der Eindruck vom Debattenverlauf. Marcus Reif (CDU) verwies darauf, dass mit dem Magistrat in der Gesellschafterversammlung und dem Aufsichtsrat, „in dem auch die SPD vertreten ist“, geeignete Gremien vorhanden seien, die Fragen zu stellen, wenn den Sozialdemokraten etwas an der Sache gelegen sei. „Wer über die Beteiligung reden will, ist da genau richtig.“ Die Protokolle der Gremien verzeichneten aber keine entsprechenden Vorstöße der Sozialdemokraten.
Den Haupt- und Finanzausschuss als Berichtsgremium zu wählen sei daher „reiner Populismus“, da das Gremium der falsche Ansprechpartner sei. Zudem störte Reif sich daran, dass der Antrag einen Berichtszeitraum von fünf Jahren wählte und die Amtszeit von SPD-Bürgermeister Michael Antenbrink entsprechend ausblende. „Unter Antenbrink gab es eine breite Mehrheit dafür, Sozialwohnungen aus der Bindung zu entlassen, um den Haushalt zu entlasten.“ Wolle man über die Entwicklungen im Sozialen Wohnungsbau in Flörsheim ernsthaft reden, „muss man den Zeitraum erweitern“.
Sein Gegenvorschlag daher, zu einem Änderungsantrag formuliert: Der Magistrat möge im HFA zu dem Thema berichten, dabei einen Zeitraum von 15 Jahren betrachten. Von der Merian solle niemand eingeladen werden.
Der Änderungsantrag wurde von CDU, GALF, dfb und zwei der drei FDP-Vertreter angenommen. Nur die SPD war gegen die Neuformulierung, Werner Duchmann (FDP) enthielt sich
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