Ein Zeugnis der 1970er Jahre

Jury des Hessischen Denkmalschutzpreises 2023 besuchte die sanierte Hattersheimer Stadthalle

Am Mittwochmorgen der vergangenen Woche, 31. Mai, stattete eine buchstäbliche Busladung an Jurymitgliedern der Hattersheimer Stadthalle einen Besuch ab. Pünktlich um 9.25 Uhr bog der Reisebus auf den Parkplatz vor der Halle ein, mit zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern der Denkmalbehörden, des Handwerks und weiteren thematisch verbundenen Institutionen an Bord. Der Zweck ihres Kommens: Die Stadthalle zählt in diesem Jahr zu den finalen neun Objekten, die es in die engere Auswahl für den Hessischen Denkmalschutzpreis geschafft haben. 23 Bewerbungen waren es ursprünglich, bevor in einer ersten Jurysitzung neun besonders vielversprechende Gebäude zur Bereisung ausgewählt wurden. Neben der Hattersheimer Stadthalle zählen das Alte Gericht in Wiesbaden, das Große Haus Glückert in Darmstadt, das Schultheißenhaus in Niederbrechen, der Spechthof in Hünfelden-Kirberg, das ehemalige Gasthaus Goldener Löwe in Limburg, der Lokschuppen in Marburg, das Museum Hochzeitshaus in Fritzlar und die Villa Paulustor 8 in Fulda zu den Finalisten.

Die hiesige Stadthalle wird naturgemäß in der Kategorie "20. Jahrhundert" geführt, als Preisträger vorgeschlagen wurden der Magistrat der Stadt Hattersheim sowie das Architekturbüro HGP Architekten Leben Kilian PartG mbB.

Architekt Volker Kilian war es dann auch, der gemeinsam mit Thomas Kettenbach, dem Leiter des Referats Bauen, Planen, Umwelt im Hattersheimer Rathaus, dem Kunsthistoriker und Präsidenten des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen in Wiesbaden Prof. Dr. Markus Harzenetter die Sanierung der Stadthalle erläuterte. Dabei wurde insbesondere erklärt, welche Ziele die ursprüngliche Bauplanung verfolgte und wie die Renovierungs- und Erneuerungsarbeiten in den letzten Jahren die hohen Ansprüche des Denkmalschutzes erfüllt haben.

Architektonische Besonderheiten

Die Stadthalle Hattersheim ist seit den Jahren ihrer ursprünglichen Erbauung (1968 bis 1971) ein beliebter und viel genutzter Veranstaltungsort; eine aus der Stadtgesellschaft nicht wegzudenkende Stelle der gesellschaftlichen Zusammenkunft. Dieser Umstand ist sicher allen Stadthallen landauf, landab gemein - in Hattersheim jedoch trägt auch der Grundriss des Gebäudes, bei dem sich Räume und Raumgruppen um eine zentrale Rotunde legen, maßgeblich zur gewünschten Funktionalität bei. Jene Räume sind flexibel nutzbar; sie können - je nach Einsatzzweck - variabel zusammengeschaltet und bespielt werden. So beschreibt das Landesamt für Denkmalpflege Hessen diesen Bewerber für den Denkmalschutzpreis 2023.

"Der eingeschossige, radial aufgebauten Stahlskelettbau mit Mauerwerksausfachung nach Planungen des Architekturbüros Novotny und Mähner steht seit 2013 unter Denkmalschutz, nachdem sie wegen mangelndem Brandschutz geschlossen werden musste", heißt es dort weiter. Im Zeitraum zwischen 2019 und 2022 wurde dann schließlich eine denkmalgerechte, energetische Instandsetzung durchgeführt. Da bei wurden nachträglich eingebaute Decken- und Wandpaneele rückgebaut, ebenso wurde die Holzkassettendecke in der Rotunde behutsam gereinigt und restauriert. Dem Vorbild der bauzeitlichen Kuppel folgend wurde eine neue Lichtkuppel konstruiert, die zeitgemäßen Anforderungen an Brandschutz, Statik und Bauphysik genügt.

Die neue Bühne in der Stadthalle orientierte sich ebenfalls an der bauzeitlichen Planung. Alle Fassadenelemente wurden abgenommen, inventarisiert, gereinigt und am ursprünglichen Ort wieder eingebaut. Sogar nahezu alle Fenster konnten erhalten werden. Und dank der vollständigen Erneuerung der Dach- und Außendämmung und der behutsamen Integration einer neuen Haustechnik ist die Stadthalle Hattersheim nun endlich wieder für die Hattersheimer Bevölkerung wie ursprünglich einmal vorgesehen nutzbar.

Preisverleihung am 10. Juli in Biebrich

Am 31. Mai und 1. Juni bereiste die Jury des Hessischen Denkmalschutzpreises, zusammen mit einer stattlichen Entourage an weiteren Kolleginnen und Kollegen, jene neun aussichtsreichen Finalisten zur diesjährigen Preisverleihung. Zur namhaften Jury zählen Prof. Dr. Markus Harzenetter (Juryvorsitzender und Präsidium im Landesamt für Denkmalpflege Hessen), Christian Bührmann (Abteilungsleitung im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst), Dorothee Hoffmann (Ansprechperson für die Presse und Leitung der Unternehmenskommunikation der Lotto Hessen GmbH), Matthias Wettlaufer (Hessische Staatskanzlei), Susanne Haus (Präsidium der Handwerkskammer Rhein-Main), Bernhard Hofmann (Leitung Untere Denkmalschutzbehörde des Vogelsbergkreises), Karin Jasch (Referatsleitung im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen), Dr. Verena Jakobi (Abteilungsleitung Bau- und Kunstdenkmalpflege im Landesamt für Denkmalpflege Hessen) sowie Melanie Nüsch (Denkmalberatung in der Propstei Johannesberg in Fulda).

Angela Dorn, die Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, wird dann am Montag, 10. Juli, in der Rotunde des Biebricher Schlosses den Hessischen Denkmalschutzpreis 2023 verleihen.

Hintergrund

Hessischer Denkmalschutzpreis 2023

Der Hessische Denkmalschutzpreis wurde im Jahr 1986 von LOTTO Hessen gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalpflege in Hessen ins Leben gerufen. Anlass war die Einführung der Rubellos-Lotterie in Hessen, deren Erträge seitdem ausschließlich dem Landesamt für Denkmalpflege in Hessen zur Verfügung gestellt werden.

Seit 1986 wird der Hessische Denkmalschutzpreis jährlich verliehen, 2023 zum bereits 38. Mal. Der Preis wird jährlich mit 25.000 Euro von LOTTO Hessen dotiert. Seit dem Jahr 2017 ist auch der Ehrenamtspreis als eigene Kategorie in den Hessischen Denkmalschutzpreis integriert, der das gemeinschaftliche Engagement bei der Sanierung eines Kulturdenkmals in den Vordergrund stellt. Dieses Preisgeld stellt traditionell die Hessische Staatskanzlei, in diesem Jahr erneut 7.500 Euro.

Ausgezeichnet werden können denkmalpflegerische Maßnahmen von privaten Eigentümerinnen und Eigentümern, bürgerschaftlichen Initiativen oder Körperschaften, aus allen Bereichen der Denkmalpflege (also der archäologischen Denkmalpflege, der Bau- und Kunstdenkmalpflege oder der Gartendenkmalpflege) oder die im Rahmen der gegebenen Voraussetzungen (etwa die räumliche Lage oder die historische Bausubstanz) durch individuelle Lösungen, handwerklich-technische Qualität und besonderes Engagement eine Vorbildwirkung erzielen und zum Nachahmen anregen und deren Fertigstellung nicht länger als drei Jahre zurückliegt.

Für den Hessischen Denkmalschutzpreis sind in diesem Jahr 23 Bewerbungen eingegangen. Vorschlagsberechtigt sind die Unteren Denkmalschutzbehörden (Kreisausschüsse, Magistrate der kreisfreien Städte, Magistrate der kreisangehörigen Städte mit eigener Bauaufsicht) und die Denkmalfachbehörde (Landesamt für Denkmalpflege Hessen). Über die Anzahl und Art der Preise entscheidet die Jury am Ende der Bereisung im Rahmen einer abschließenden Sitzung. Sämtliche Preisträgerinnen und Preisträger erhalten eine Urkunde; Geldpreise werden in der Regel nur an die privaten Eigentümerinnen und Eigentümer oder bürgerschaftliche Initiativen vergeben.

Woher rührt die Verbindung zwischen Lotterien und Denkmalschutz?

Dass Lotto und der Denkmalschutz eng verbunden sind, zeigt die Geschichte. Bereits 1445 soll es im flandrischen Sluis zur ersten verbürgten Lotterie gekommen sein - mit dem Ziel, ein Stadttor zu finanzieren. Bald schufen Herzöge, Kurfürsten und Könige mit den Erlösen aus den staatlichen Lotterien ganze Schlossanlagen. So schossen auch hessische Lotterien in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Wiesbaden, Kassel, Darmstadt und Marburg aus dem Boden. Am 16. Dezember 1769 besiegelte Fürst Carl zu Hessen-Nassau die erste Zahlenlotterie im Land. Und die Erlöse kommen auch heute noch Kulturdenkmälern in Hessen zugute. Anfang des 19. Jahrhunderts jedoch setzten sich - auch aufgrund vieler Unregelmäßigkeiten und Auswüchse - die Moralisten durch und das Glücksspiel wurde für die nächsten 150 Jahre verboten.

Als 1949 mit der "Staatlichen Sportwetten GmbH Hessen" die Vorläuferin der heutigen Gesellschaft, der LOTTO Hessen GmbH, gegründet wurde, hatten die Parlamentarier - auch mit Blick auf die skizzierte Historie - eines klar im Blick: Wenn Glücksspiele angeboten werden, dann in kontrollierten Bahnen des Staates. Das Ziel sollte nicht etwa Gewinnmaximierung für das Unternehmen sein, sondern die Verwendung sämtlicher Erlöse für das Gemeinwohl.

Kommentare

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.
Sicherheitsprüfung
Diese Frage hat den Zweck zu testen, ob Sie ein menschlicher Benutzer sind und um automatisierten Spam vorzubeugen.
Bild-CAPTCHA
Geben Sie die Zeichen ein, die im Bild gezeigt werden.


X