„Es ist einmal ein Anfang gemacht!“

Arbeitskreis Asyl unterstützt beim Kennenlernen und der Integration

Renate Wolf (rechts) im Gespräch mit Eddersheimer „Gästen“ – ihr Engagement hat den Eddersheimer Arbeitskreis Asyl ins Leben gerufen, sie möchte den Asylsuchenden Hilfe und die Möglichkeit der Integration geben.    ?(Foto: A. Kreusch)

 

EDDERSHEIM (ak) – Die kleine Salihom hatte – liebevoll herausgeputzt im weißen „Prinzessinnen-Kleidchen“ auf dem Schoß ihrer Mutter Zeritu Teka sitzend – ganz offensichtlich überhaupt keine Probleme, Kontakt mit den Teilnehmern des ersten Treffens des Eddersheimer Arbeitskreises Asyl zu bekommen: sie lachte und „gurrte“ ganz international, wie Babies nun mal sind, alle an, die sie freundlich ansahen, und ihrem völlig unvoreingenommenen Baby-Charme konnte sich am letzten Samstag, 15. November, im Eddersheimer Begegnungshaus wirklich keiner entziehen.

 

Renate Wolf (vielen bekannt als die Erste Vorsitzende des Eddersheimer Gesangvereins Liederkranz-Eintracht) hatte das Treffen organisiert und dazu nicht nur Eddersheimer eingeladen, sondern auch die nun schon seit einiger Zeit im Gotthelf wohnenden Asylbewerber. Sie möchte gerne, dass auf beiden Seiten Berührungsängste überwunden werden. Fünf junge eritreische Frauen und Männer – und die kleine Salihom – waren ihrer Einladung ebenso gefolgt wie etwa fünfzehn Eddersheimerinnen und Eddersheimer.
Die Idee, schon an diesem Abend anhand einer Liste „Patenschaften“ zu vermitteln, ließ sich zwar nicht direkt umsetzen – es war zu verstehen, das jeder eventuelle „Patenkinder“ erst einmal kennen lernen wollte. Mit einer sympathischen Vorstellung in deutscher Sprache konnten aber die Brüder Adel und Ibrahim Saleh (20 und 24 Jahre alt) und die jungen Frauen Simret Tewolde (27 Jahre), Akberet Zenawi (30 Jahre) und Zeritu Teka (27, Jahre, die kleine Salihom ist 5 Monate alt) schon einmal das Eis brechen. Sie sind alle gerne bereit, bei Besuchen der Eddersheimer Helfer Im Gotthelf ihre Mitbewohner vorzustellen. Über Scherze, dass Adel und Ibrahim dann Sprechstunden bekannt geben müssten, um den Besucheransturm zu bewältigen, wurde gemeinsam herzlich gelacht.
„Ja, es ist auch gar nicht so leicht, alle dort anzutreffen – manche haben ja schon Arbeit, deshalb können auch heute keine Gäste aus Pakistan hier sein, weil sie jetzt alle arbeiten müssen“, erklärte Renate Wolf, die selbst mittlerweile aber schon einige Male Im Gotthelf zu Besuch war. „Bei mir war das auch so, dass ich beim ersten Mal vielleicht ein bisschen zu zurückhaltend war – ich hatte eine große Tüte mit Bettwäsche zusammengepackt, die ich gerne dort jemandem geben wollte, aber auf mein Rufen hat niemand reagiert. Dann habe ich die Tüte einfach vor die Tür gestellt – aber nachdem sie zwei Stunden später immer noch da stand, habe ich mir ein Herz gefasst und hab einfach mal an Türen geklopft. Man hat meine Bettwäsche gerne genommen – und später, als ich mal bei Adel im Zimmer zu Besuch war, habe ich gesehen, dass er einen Bezug von mir auf seinem Bett hatte, das hat mich wirklich sehr gefreut“, erzählte Renate Wolf lachend von ihrem guten Gefühl, so geholfen zu haben. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass alle Bewohner des Hauses Im Gotthelf sehr freundlich sind. Den jungen Adel haben sie und ihr Mann inzwischen ein bisschen unter ihre Fittiche genommen, er war schon bei ihr zu Besuch und singt mittlerweile – genau wie sein Bruder – im Gospelchor des Gesangvereins Liederkranz-Eintracht mit.
Renate Wolf würde sich für jeden der Flüchtlinge wünschen, dass eine Eddersheimer Familie sich um ihn kümmert und ihn bei sich „integriert“. Außer den Brüdern Adel und Ibrahim sind alle Flüchtlinge, die zurzeit in Eddersheim wohnen, alleine dort – Verwandte leben höchstens in anderen Asylbewerberheimen in der Umgebung oder auch bis nach Frankfurt oder Gießen, so ist Kontakt untereinander für viele nicht einfach zu halten.
Alle Asylbewerber möchten vor allem schnell die deutsche Sprache lernen – dass dies im Moment schwierig ist, weil etwa alle VHS-Kurse dazu seit einiger Zeit total ausgebucht sind, macht ihnen zu schaffen. „Wenn wir Arbeit suchen, kommt es darauf an, dass wir die Sprache gut können“, weiß zum Bespiel Simret Tewolde, und Adel Salih hat extra etwas gespart, um einen Sprachkurs bezahlen zu können. Bei der VHS gibt es zwar die Aussicht, dass sich Helfer (auch solche ohne pädagogische Vorbildung) für einen Beitrag von 30 Euro, der dann auch das Unterrichtsmaterial beinhaltet, zum „Deutsch-Lehrer“ schulen lassen, aber das hilft den Eddersheimer Gästen im Moment noch nicht weiter.
„Man könnte sich Im Gotthelf in der Küche treffen, die ist groß genug, und einfach mit den Leuten schon mal sprechen üben“, regte Renate Wolf an, „das würde vielen von ihnen schon sehr helfen!“ Auch um herauszufinden, welche Hilfe die Asylsuchenden denn noch konkret brauchen, empfiehlt sie den Teilnehmern des Treffens den persönlichen Weg zu nehmen: „Geht einfach mal hin, dann seht ihr schon, was dort gebraucht wird!“ Auf jeden Fall steht aber schon fest, dass die Asylbewerber immer wieder Hilfe etwa bei Arztbesuchen, Behördengängen oder auch beim Besuch der „Tafel“ in Hattersheim brauchen werden, das alles soll mit einer Helfer-Liste in Zukunft besser organisiert und unter mehreren aufgeteilt werden können.
Im Hinblick darauf, dass in Zukunft mehr Flüchtlinge nach Eddersheim kommen werden, soll der Arbeitskreis Asyl dort als feste Institution und als Ansprechpartner etabliert werden, es wurde auch schon das nächste Treffen für Januar 2015 geplant.
Dass ein Engagement für die Menschen, die zum Teil Jahre auf der Flucht aus ihrer Heimat waren, weil sie dort keine Zukunft für sich und ihre Kinder sahen, eine gute Sache und sehr willkommen ist, konnten die Eddersheimer an diesem Abend schon „hautnah“ erleben: Adel und Ibrahim Salih fassten sich sichtlich ein Herz, standen auf und drückten mit spürbar aufgewühlten Worten ihre Gefühle aus: „Vielen vielen vielen vielen Dankeschön für alles, liebe Eddersheimer!“ Auf ganz einfachem Weg bekamen auch die junge Mutter Zeritu und ihre Tochter Salihom schon an diesem Abend eine Ahnung von Fürsorge und von ein bisschen Glück, dafür sorgte Heidrun Gärtner ganz spontan und unspektakulär: sie versprach den beiden (übersetzt von Simret Tewolde), sie in der nächsten Woche einfach mal in den Eddersheimer Spielkreis mitzunehmen. Das Lächeln, mit dem Zeritu ihr dafür dankte, bedurfte keiner Übersetzung – die Aussicht, dass sie mit ihrem Baby bei anderen jungen Müttern in Deutschland willkommen ist, war für sie ganz offensichtlich sehr schön.
Wer Interesse an einer Mitarbeit im Eddersheimer Arbeitskreis Asyl hat, kann sich gerne bei Gaby Sellmann unter der Telefonnummer 06145/31192 melden.

 

 

 

 

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