Wenn Fremde um die Häuser schleichen

Polizei rät zu Aufmerksamkeit – Aktive Nachbarschaftshilfe macht Einbrechern das Leben schwer

 

EDDERSHEIM (ak) – Dem einen oder anderen Eddersheimer sind vielleicht vor kurzem in seiner Straße fremde Leute aufgefallen, die sich die Häuser ganz genau betrachteten, um sie herum gingen, über die Hecke schauten oder eine Weile davor stehen blieben. Als Passant oder Nachbar hatte man dann ein ungutes Gefühl: Warum verhielt sich der Fremde so? War sein Verhalten „normal“ oder fühlte man sich zu Recht unwohl bei dem Gedanken, dass der Unbekannte zuvor das eigene Haus auch so inspiziert haben könnte? Was sollte man in so einem Fall tun? Antworten auf diese Fragen konnten die Eddersheimer Bürger am Donnerstag, 17. November, im Begegnungshaus in der Propsteistraße bekommen. Dorthin hatten die Polizei sowie die Präventionsräte des Main-Taunus-Kreises und der Stadt Hattersheim zur Informationsveranstaltung „Stopp dem Einbruchsdiebstahl in Wohnungen“ eingeladen. 
Die besagten Fremden, die zuvor die Eddersheimer Wohnungen so verdächtig genau gemustert hatten, taten dies jedoch zum Glück im Rahmen der „Aufsuchenden Öffentlichkeitsarbeit“ der Polizei. Sie betrachteten die Häuser tatsächlich mit den Augen eines Einbrechers. Aber als Ermittlungsfachleute auf diesem Gebiet machten sie das nur, um entdeckte Schwachstellen, die einen Einbruch leicht machen würden, auf einem Zettel zu vermerken, den sie mit der Einladung zu der Veranstaltung der Polizei dann in den Briefkasten der entsprechenden Wohnung warfen. 
Über die Kriterien, die einen Einbruch in ein Haus oder in eine Wohnung für einen echten Ganoven lohnenswert erscheinen lassen, konnte man in Eddersheim genauso einiges lernen, wie über Möglichkeiten, solche Einbrüche zu verhindern. Die Auswertung der umfangreichen Fragebögen, die von den Betroffenen ausgefüllt worden waren, hatte es der Polizei bei der Ermittlungsarbeit zu Wohnungseinbrüchen ermöglicht, detaillierte Statistiken zu erstellen, um den „Vorlieben“ von Einbrechern auf die Spur zu kommen. 
Wohngegenden wie in Hattersheim am Rande von Großstädten sind besonders bei ausländischen Einbrecherbanden als lohnende Reviere für ihre Taten sehr beliebt, wegen der vielen und oftmals begüterten Menschen die dort leben. Auch die gute Anbindung an das Fernstraßen-Netz, die es ihnen ermöglicht, den Tatort unauffällig und schnell wieder Richtung Ausland zu verlassen, ist für solche Diebe und Einbrecher ein Kriterium zur Auswahl ihres „Tätigkeitsfeldes“. Besonders beliebt sind bei den Gangstern Wohnungen im obersten Stockwerk eines Gebäudes oder Häuser am Straßenende, hier besteht wenig Entdeckungsgefahr durch Benutzer des Treppenhauses beziehungsweise Gehweges, auch blickdichte Einfriedungen wie Mauern oder Hecken „schützen“ ihre „Arbeit an fremdem Eigentum“ gut. Um herauszufinden, wo gerade niemand zu Hause ist, orientieren sich Einbrecher gerne und leicht an nicht geleerten Briefkästen oder an Mülltonnen, die an den Abfuhrtagen nicht auf die Straße gestellt werden. In den Monaten, in denen es früh dunkel wird, ist es natürlich für Ganoven noch einfacher zu erkennen, wo eine Wohnung oder ein Haus gerade von seinen Bewohnern verlassen ist: Wo kein Licht brennt, ist keiner zu Hause. 
Wie verblüffend schnell Einbrecher mit einem einfachen großen Schraubenzieher etwa ein normales Fenster öffnen können, führte der polizeiliche Berater für den Main-Taunus-Kreis, Thomas Tauber, den erstaunten Besuchern im Begegnungshaus Eddersheim vor: In wenigen Sekunden hat er eine mitgebrachte Fenster-Attrappe lautlos aufgehebelt. In der heutigen Zeit müssen die Diebe keine sperrige Beute wegschleppen, um großen Schaden anzurichten – in etwa 15 Minuten kann man als gewiefter Profi in einem Haus genug Geld, Scheckkarten, Schmuck, Handys, Laptops oder ähnliche Gegenstände finden, um einen Einbruch „lohnend“ zu machen. Man fällt nicht etwa mit einem großen, schweren Rucksack auf der Straße auf, sondern entfernt sich wie ein ganz normaler Passant. 
Unter anderem deshalb und weil Einbrecherbanden oft eben schnelle Wege vom Tatort weg benutzen, sind Wohnungseinbrüche für die Polizei ein relativ schwer aufklärbares Delikt – bis der Einbruch von den Wohnungsinhabern bemerkt und der Polizei gemeldet wird, sind die Diebe oft schon wieder weit entfernt und niemand hat etwas Auffälliges bemerkt. Das führt dazu, dass zurzeit nur etwa 25 Prozent aller Einbrüche auch aufgeklärt werden können. Diese Zahl mag gering erscheinen, für die Polizeidirektion MTK ist das in ihrem Gebiet von 80 Quadratkilometern und mit einem 800 Kilometer langen Straßennetz aber doch eine ansehnliche, wenn auch noch nicht befriedigende Quote. „Angestrebt werden 50 Prozent“, sagte Jürgen Mook, der Leiter der Polizeidirektion des MTK. Auch wenn Eddersheim von den drei Hattersheimer Stadtteilen derjenige mit den wenigsten Einbrüchen ist, gibt er zu bedenken: „Für die Betroffenen ist jeder einzelne Einbruch einer zu viel.“
Um mehr Einbrüche von vorneherein zu verhindern, setzt die Polizei nun auf verstärkte Zusammenarbeit mit den Präventionsräten. Aufklärung der Bürger darüber, wie man sein Haus einbruchssicherer macht und wie nützlich Nachbarschaftshilfe ist, steht dabei im Vordergrund der gemeinsamen präventiven Arbeit. So erzählte Thomas Tauber den interessierten Zuhörern in Eddersheim einiges über die Sicherung von Lichtschächten, Fenstern und Türen, viele der beschriebenen Möglichkeiten konnte man sich auch an Musterstücken ansehen und von den Fachleuten erklären lassen. Die Frage danach, inwiefern es sinnvoll sei, Alarmanlagen an privaten Häusern zu installieren, beantwortete der polizeiliche Berater mit einem kurzen Satz: „Der polizeiliche Grundsatz ist: Mechanisch vor elektronisch!“ Das leuchtete ein, hatte man doch zuvor gesehen, wie schnell ein ungesichertes Fenster geöffnet werden konnte und gehört, dass Einbrecher sich oft nur relativ kurze Zeit in einer Wohnung aufhalten – bis die Einsatzkräfte nach einer Alarmierung vor Ort sein können, ist oftmals schon alles passiert. Die Diebe wissen, wie schnell sie „arbeiten“ und lassen sich auch von Alarmanlagen nicht unbedingt abschrecken, erschwert man ihnen jedoch den Zugang zur Wohnung durch gut gesicherte Eingänge, verlieren sie kostbare Zeit und ihr Risiko, entdeckt zu werden, wird größer. 
In der Aktivierung von Nachbarschaftshilfe sehen die Präventionsräte und die Polizei großes Potential, Einbrechern ihr „Handwerk“ zu erschweren und Aufklärungsarbeit besser und effizienter zu machen. Oft reichen schon kleine Nachbarschaftsdienste wie etwa die Leerung des Briefkastens verreister Nachbarn, die Bedienung der Rollläden zu den üblichen Zeiten oder das Rausstellen der Mülltonne, um Einbrüche zu verhindern. Dazu müsse man mit den Nachbarn nicht unbedingt eng befreundet sein, aber man sollte sich bekannt machen, sich treffen und einfach mal über solche Sachen miteinander sprechen, regten die Fachleute der Polizei an.
 Auch bei der Aufklärung von Wohnungseinbrüchen setzt die Polizei auf die Hilfe von Nachbarn, sie sollen durchaus, wenn sie bemerken, dass Fremde das Grundstück oder die Wohnung von Nachbarn in deren Abwesenheit betreten oder verlassen, die Polizei unter der Nummer 110 anrufen und ihren Verdacht melden. Dabei brauche man keine Angst zu haben, etwa nicht ernst genommen zu werden, in solchen Fällen würden immer Einsatzkräfte vorbeigeschickt, um nach dem Rechten zu sehen, versicherten die Vertreter der Polizei. Befinde sich jemand berechtigt auf dem Grundstück, habe dieser sicherlich nichts dagegen, dass die Polizei dort nachschaut. Je früher die Ermittler im Falle eines tatsächlichen Einbruchs ihre Arbeit beginnen könnten, desto günstiger sei dies für den Fahndungsfortschritt. Selbst wenn die Täter dann nicht mehr am Tatort dingfest gemacht werden könnten, seien die Sicherung frischer Spuren und das zeitnahe Erstellen von Bewegungsprofilen äußerst wichtig.
Nachbarn, die nach Absprache untereinander auf ihre Wohnungen aufpassen, können dies im Rahmen der Polizei-Aktion „Aufmerksame Nachbarn“ auch in Hattersheim bald nach außen zeigen: Der Hattersheimer Präventionsrat hat Schilder entworfen, die an Toren und Türen befestigt einen potentiellen Einbrecher mit der Botschaft „Vorsicht aufmerksame Nachbarn“ abschrecken sollen. Alle Hattersheimer Haushalte werden demnächst ein solches Schild und eine Beratungsbroschüre in ihrem Briefkasten finden.
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