Ja zur neuen Phrix

Rahmenplan und Aufstellungsbeschluss passieren Bauausschuss / Politik für Maßnahmen zur Verkehrsentlastung verantwortlich

Jahrzehntelanger Stillstand hat an und in den Gebäuden auf dem Phrix-Gelände deutliche Spuren hinterlassen. Zudem ist der Boden unterschiedlich stark mit Schadstoffen belastet.
(Foto: A. Noé)

HATTERSHEIM/OKRIFTEL (noe) – „Wir kommen an einer Lösung der Verkehrsproblematik nicht vorbei“, brachte Klaus Schindling den von allen Fraktionen formulierten Handlungsbedarf auf den Punkt. Am 31. August, gut eine Woche nach der Bürgerversammlung im Okrifteler Haus der Vereine (wir berichteten), stand das Thema Phrix auf der Tagesordnung des Ausschusses für Umwelt, Bauen und Verkehr. Die Ausschussmitglieder sollten über mehrere Vorlagen des Magistrats, durch die eine Entwicklung des Phrix-Geländes gemäß der Absicht des Investors und neuen Grundstückseigentümers „Prinz von Preussen Grundbesitz AG“ überhaupt erst ermöglicht wird, beraten und beschließen. 

Der am Donnerstag, 8. August, tagenden Stadtverordnetenversammlung wurde, um das Ergebnis vorwegzunehmen, einmütig empfohlen, den Anträgen auf Abweichung des Regionalplanes und Änderung des Regionalen Flächennutzungsplans 2010 zuzustimmen. Ebenfalls einstimmig sprach sich der Ausschuss für die Annahme der Vorlage bezüglich des Städtebaulichen Rahmenplans aus. Allerdings wurde die Vorlage abgeändert: die Ausschussmitglieder einigten sich auf eine Ergänzung im Antragstext, laut der der Städtebauliche Rahmenplan „als Basis aller weiteren Verfahrensschritte dienen“ soll und von der Stadtverordnetenversammlung „wohlwollend zur Kenntnis genommen“ wird. Weitere Bestandteile des Antrags sind der Aufstellungsbeschluss sowie der Beschluss über die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange sowie der Nachbarkommunen.

Die Ergänzung der Beschlussvorlage erklärt sich aus der zwar grundsätzlich positiven, aber auch vorsichtigen Haltung der Ausschussmitglieder. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Marek Meyer etwa lobte, dass laut Planung die vorhandene Substanz – das heißt, die in großen Teilen denkmalwürdige und -geschützte Bebauung des knapp 4 Hektar großen Phrix-Geländes – weitgehend erhalten bleiben soll. Das Gebäudeensemble der Phrix sei aufgrund seiner Historie und seines markanten Erscheinungsbildes identitätsstiftend für ganz Okriftel. Der Rahmenplan umfasse jedoch immerhin etwa 90 Seiten und spreche einige für den Stadtteil wegweisende Herausforderungen an. Gerade in puncto Verkehrsführung müsse man, so Meyer, „genau hinsehen, ob die Lebensqualität der Anwohner nur marginal oder tiefgreifend berührt wird“.

Belastete Straßen
Wie sich zuletzt während der Bürgerversammlung zeigte, ist die Sorge in Okriftel wegen des Zuzugs in der Tat groß: viele Bürger befürchten eine Verschlimmerung der Verkehrssituation in ihrem ohnehin von Fahrzeugen stark frequentierten Stadtteil. Eine vom Investor in Auftrag gegebene Analyse ergab, dass wegen des neuen Wohnquartiers mit etwa 1.000 weiteren Fahrten pro Tag zu rechnen sei. Demnach werde es insbesondere an der Kreuzung Rossertstraße/Rheinstraße zu einem Anstieg des Verkehrsaufkommens kommen. Nichtsdestotrotz seien die betroffenen Knotenpunkte in der Lage, die in der Analyse ermittelten zusätzlichen Fahrzeugbewegungen aufzufangen, bekräftigte Dr. Michael Denkel vom Planungsbüro „Albert Speer und Partner“ in der Ausschusssitzung am Mittwochabend.

Der CDU-Vorsitzende und künftige Bürgermeister Hattersheims Klaus Schindling betonte, dass in der Sache scharf getrennt werden müsse. Einerseits könne man froh darüber sein, dass sich ein Investor dazu entschlossen habe, das Phrix-Areal „unter schwierigen Bedingungen“ zu entwickeln. Andererseits sei zu vergegenwärtigen, dass das Handlungsmotiv des Investors ökonomisch begründet sei; ihm gehe es sicherlich nicht primär darum, die Verkehrssituation in Okriftel zu verbessern. Vielmehr müsse die Politik, und zwar unabhängig vom Phrix-Bauprojekt, nach Lösungen suchen, die für eine möglichst zeitnahe Verkehrsentlastung in Okriftel sorgen. „Ob wir eine Entlastungsstraße bauen, werden wir sehen“, sagte Schindling, der mit Blick auf den allgemein im Ausschuss konstatierten Handlungsbedarf in Sachen Verkehrsführung ankündigte: „Wir werden es auf jeden Fall anpacken.“ Denkel gab Schindling hinsichtlich der Lösung der Verkehrsproblematik „hundertprozentig recht“, auch aus seiner Sicht dürfe diese nicht an die Zukunft des Phrix-Geländes gekoppelt werden. Dennoch stellte der Planer im Bedarfsfall eine Ableitung des Verkehrs aus dem neuen Wohnquartier über das benachbarte Gewerbegebiet in Aussicht; dadurch würde sich die Strecke der Fahrzeuge auf der Rheinstraße reduzieren.

Belasteter Boden
„Stillstand ist Rückschritt“, stellte der FWG-Fraktionsvorsitzende Karl Heinz Spengler fest, das Engagement der Prinz von Preussen Grundbesitz AG sei deshalb zu begrüßen. Nach nunmehr 46 Jahren der Stagnation habe die Phrix – freilich als Wohnquartier – endlich wieder eine Zukunft. Allerdings auf einem mit Schadstoffen belasteten Boden, fügte Spengler hinzu. Es sei nicht zufriedenstellend, dass die giftigen Substanzen laut Gutachten nicht beseitigt werden können, gleichwohl sei die von der zuständigen Landesbehörde verordnete Versiegelung des belasteten Bodens „wohl die beste Lösung“.

Derselben Meinung war auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Dietrich Muth, der den Mandatsträgern empfahl, sich auf die Gutachter des Landes zu verlassen. „Vom Grundsatz her ist das was Vernünftiges für Okriftel“, zog Muth mit Blick auf die im Rahmenplan umfangreich versammelten Informationen ein positives Fazit. Im Rahmen der Ferienfraktion seiner Partei hatte Muth am 11. August vor Ort die Planungen dem gegenwärtigen Zustand des Phrix-Geländes gegenübergestellt. Die Realisierung des Projektes inklusive Lösung des Schadstoff-Problems werde zwar kostspielig, doch das sei schließlich Sache des Investors, meinte Muth vor knapp einem Monat während des Ortstermins.

Auch Klaus Schindling sah zur Versiegelung keine Alternative. Der Bevölkerung müsse klar gemacht werden, dass von einem ordnungsgemäß versiegelten Grundstück keine Gefahr ausgehe. Wohnen über isolierten Schad- und Giftstoffen sei „absolut unbedenklich“, so der aus beruflichen Gründen auf dem Gebiete der Entsorgung bewanderte CDU-Vorsitzende. Das wollte Jürgen Hofmann (WPH), der im Ausschuss zwar kein Stimm- aber Mitspracherecht hat, so nicht stehen lassen. „Blei und Quecksilber sind keine Spielzeuge“, so Hofmann. „Das Zeug muss raus, sonst kann es keine Zustimmung geben.“

Belasteter Wohnungsmarkt
„Eine große Chance zur Aufwertung Okriftels“ erkannte Winfried Pohl, Fraktionssprecher der Grünen. Der Rahmenplan gehe weit über die übliche Planungstiefe hinaus, lobte er, besonders gut sei auch die in der Vorlage berücksichtigte Perspektive der Anwohner. Nun gelte es, das Phrix-Gelände aus städtebaulicher Sicht behutsam und möglichst umweltverträglich zu entwickeln. Die Stadt sei gut beraten, am Rande des Areals eine weitere Ansiedlung „à la Penny-Markt“ durch die Bestimmung entsprechender Vorgaben zu verhindern. Andernfalls werde das Risiko einer weiteren baulichen Verunstaltung dieses Bereiches in Kauf genommen. Des Weiteren rief Pohl in Erinnerung, dass laut Beschluss des Stadtparlamentes mit jedem Investor über die Errichtung öffentlich geförderten Wohnbaus verhandelt werden müsse. Vorstellbar sei eine Realisierung von Sozialwohnungen etwa in dem langen Neubau am Parkplatz.

Sowohl der Vertreter des Planungsbüros Albert Speer und Partner als auch Hattersheims Bürgermeister in spe äußerten sich zurückhaltend. „Eine theoretische Chance für solche Wohnungen gibt es im Gebäude am Penny-Markt, das als Lärmschutz dienen soll“, sagte Dr. Michael Denkel. „Doch seien wir realistisch: das Gelände ist für den sozialen Wohnungsbau ganz einfach nicht geeignet.“ Klaus Schindling indes merkte an, dass die Stadt Hattersheim hinsichtlich des sozialen Wohnungsbaus Spitzenreiter im Main-Taunus-Kreis sei. Vor diesem Hintergrund sei es nicht ratsam, den Fortgang der Entwicklung zu komplizieren. Sozialer Wohnungsbau sei auf dem Phrix-Areal fehl am Platz, wohl aber eine Option in anderen Baugebieten.

 

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