Als der Baum noch kopfüber hing

Wolfgang Schneider beleuchtete im Heimatmuseum Weihnachten literarisch

 

BISCHOFSHEIM (prm) – Prof. Dr. Wolfgang Schneider ist ja schon dank seiner Statur eine einnehmende Persönlichkeit. An ihm kommt eigentlich keiner vorbei, schon gar nicht, wenn der Kommunalpolitiker über Themen spricht, die seinen Beruf berühren. Spätestens dann merkt man, dass Kultur für den Universitätsprofessor mehr als ein Aufgabengebiet ist: Es ist seine Berufung.
Am Sonntagnachmittag kamen rund zwei Dutzend Besucher im Heimatmuseum in den Genuss seiner liebevoll vorgetragenen und lehrreichen Ausführungen. Passend zum dritten Advent lud der Direktor des Instituts für Kulturpolitik der Universität Hildesheim zu einem gemütlichen Adventssonntag ein, um im Umfeld historischer Exponate Beispiele aufzuzeigen, wie Weihnachten früher begangen wurde.
Um es vorwegzunehmen: Es ging nicht um das neue iPhone oder den ach so großen Flachbildschirm. Die Menschen griffen anno dazumal zu einer Schellackplatte, legten sie andächtig auf ein Grammophon, wie es im Heimatmuseum zu bestaunen ist, und lauschten andächtig Weihnachtsliedern mit deutschen Texten: „O Tannenbaum“ und „Alle Jahre wieder“ waren damals in aller Munde und eben nicht der amerikanische Rudolph mit der roten Nase. Schneider fesselte seine Zuhörer mit profundem Wissen, seinem vermutlich unerschöpflichen literarischen Fundus und einer ruhigen Erzählweise, die in der allgegenwärtigen vorweihnachtlichen Weihnachtsmarkt-Hektik auf wahrscheinlich jeden Zuhörer wie Balsam wirkte.
Der kulturell so Versierte zitierte Heinrich Heine und Theodor Storm ebenso wie Rainer-Maria Rilke, wechselte flugs mal rüber zu Hoffmann von Fallersleben und scheute sich als gestandener Sozialdemokrat auch nicht, sozialkritische Texte von Tucholsky unter sein spürbar ergriffenes Volk zu streuen. Stets hatte es den Anschein, als wolle Schneider beweisen, dass Weihnachten auch etwas anderes als Konsum sein kann, was heutzutage kaum noch jemand glauben mag.
Immer wieder würzte er seine Erzählungen mit humorvollen Anmerkungen, etwa als er erläuterte, woher die Tradition des Weihnachtsbaumes komme und dass das Symbol einst kopfüber aufgehängt wurde beziehungsweise erst vor etwa 130 Jahren in Deutschland populär wurde. „Heute hängt der Baum nicht mehr unter der Decke – obwohl, ich weiß ja nicht, was sie zu Hause für Traditionen pflegen“, neckte er seine Gäste.
Immer wieder wechselte Schneider ins 19. Jahrhundert und im Umfeld all der altertümlichen Exponate dürfte die kulturelle Bischofsheimer Lichtgestalt zumindest bei seinen Zuhörern am Sonntag eines bewirkt haben: Weihnachten ist ein guter Zeitpunkt, einmal innezuhalten und sich zu besinnen.
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Kommentare

Das ist ein wunderschön

Das ist ein wunderschön gechriebener Bericht.

Vielen Dank dafür.



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