Nicht nur eine Frage der kurzen Wege

Interessengemeinschaft von Siedlern diskutierte mit Verwaltung über Zukunft der Brückenverbindung über die Gleise

BISCHOFSHEIM (gus) – Die Entscheidung ist eigentlich gefallen, aber ganz aufgeben wollen die Bewohner der Böcklersiedlung die Hoffnung nicht, dass ihnen ein Fußgängerüberweg über die Bahngleise auf Höhe des Wasserturms erhalten bleibt.

 

Der Eiserne Steg, das derzeitige Bauwerk, muss eigentlich weichen, so die klare Beschlusslage der Gemeindevertretung. Der marode Zustand des 101 Jahre alten Bauwerks lässt da keine Wahl, haben die Fraktionen sich vor ihrer Zustimmung zum Abriss bis Ende 2013 versichern lassen.
An dieser Faktenlage konnte vergangene Woche auch ein Treffen zwischen der Verwaltung um Bürgermeisterin Ulrike Steinbach (SPD) und ihrem Gebäudemanager Dirk Weiss sowie der neu gegründeten Interessengemeinschaft direkt am Objekt nichts ändern. Von Auge zu Auge darüber reden, was vielleicht möglich ist, um den Bürgern der Böcklersiedlung die kurze Anbindung in den Ortskern zu erhalten, das kann freilich nicht schaden, und so nahm Steinbach die Einladung der IG an.
Ganz Politikerin, hob sie gegenüber der stattlichen Anzahl von rund 70 Bürgern mehrfach hervor, dass sie nach ihrer Amtsübernahme mit den Versäumnissen sowohl der Deutschen Bahn als einstiger Besitzerin des Stegs als auch der früheren Gemeindeverwaltung konfrontiert worden sei und nun die unpopuläre Aufgabe habe, den Bürgern den Abriss erklären zu müssen.
Dafür zeigten die Sprecher der aus der Siedlergemeinschaft hervorgegangenen Interessengemeinschaft „IG Steg“ zwar durchaus Verständnis, und diese Umstände halfen zweifellos, das Treffen trotz des emotionalen Themas in sachlich-ruhiger Atmosphäre zu halten. Die Hoffnung auf ein gutes Ende der Geschichte wollen sie sich durch politische Personalangelegenheiten allerdings nicht nehmen lassen. Da hilft es zunächst einmal, wie auch Steinbach betonte, dass der Abrissbeschluss nichts darüber aussagt, ob oder in welcher Weise ein Ersatz geschaffen werden soll oder kann.
„Man müsste die Bahn belangen“, wünschte sich IG-Sprecher Bernd Laun und benannte so den gemeinsamen Nenner zwischen Bürgern und Verwaltung bei der Zuschreibung der Hauptschuld an der Situation. Denn die Bahn, so weist es das Brückenbuch angeblich nach, hatte seit 1988 am Steg nichts mehr investiert, um das damals schon 87 Jahre alte Bauwerk weiter in Schuss zu haben. Als es sechs Jahre später als ungewolltes Geschenk an die darüber mäßig begeisterte Gemeinde überging, war die Baufälligkeit noch längst nicht so offensichtlich wie heute, aber wohl schon vorhanden. „Aber welche Chance haben wir nach 18 Jahren, da noch etwas zu erreichen?“, fragte Steinbach rhetorisch.
„Es gibt Leute, die auch damals schon dabei waren und gepennt haben und jetzt sagen, der Abriss muss her“, musste sich vor allem der anwesende Gemeindevertretungschef (und Siedlungsbürger) Hugo Berg (SPD) anhören. Die Ortspolitiker können aber nur Themen aufgreifen, die ihnen als Problem bekannt sind. Berg warf ein, dass dies damals nicht der Fall gewesen sei. Erst die späteren, regelmäßig vorgeschriebenen Gutachten zeigten die Schäden auf. Dass dann immer noch nichts angekurbelt wurde, um rechtzeitig den weiteren Verfall zu stoppen, bleibt freilich als Mangel im Umgang mit dem Thema unbestritten, soll aber die politischen Gremien als Information damals ebenfalls schlicht nicht erreicht haben.
Bei der Frage, was zu tun ist, kamen Bürger und Verwaltung erwartungsgemäß nicht weiter. Einen Neubau kann Steinbach aus finanziellen Gründen nicht zusagen, selbst unter Berücksichtigung möglicher Fördertöpfe, die für einen Neubau angezapft werden könnten. Schon die Abrisskosten von geschätzten 750.000 Euro tun der Gemeinde gehörig weh. Ob es doch noch einen Weg gibt, den Steg zu sanieren und so zu erhalten, ist ebenso sehr eine technische wie eine finanzielle Frage.
Die Fraport könne ja beim Steg „etwas gut machen für ihren Lärm“ kam als Idee auf, eine grundsätzlich für Sanierung wie Neubau tauglich klingende Variante. Mit dem Portemonnaie eines bisher Unbeteiligten lässt sich allerdings schwerlich seriös spekulieren. Steinbach lehnte es ab, die jüngst publizierten Pläne des Neubaus der Kita Schulstraße auf dem Gelände der ehemaligen Theodor Heuss-Schule und eines Bürgerhauses mit dem Thema Steg zu verbinden. Das Projekt mit der Vermarktung des Grundstückes des jetzigen Bürgerhauses zu finanzieren, also Gewinne für einen neuen Steg einzusetzen, „das möchte ich nicht gegeneinander aufrechnen“, betonte sie. Zumal von Gewinnchancen beim noch nicht konkret durchgerechneten Bürgerhaus/Kita-Projekt bisher keine Rede sein kann.
Spürbar in der Diskussion war auch das tief verwurzelte Misstrauen der Böcklersiedlung-Bewohner, ob der Rest des Ortes versteht, worum es ihnen auch geht: Dass der Fall Eiserner Steg für sie über die bloße Frage hinaus geht, ob die Bürger an dieser Stelle weiterhin über die Gleise kommen oder ob sie „ausgeräuchert“ werden, wie es ein Bürger formulierte. Speziell die alteingesessenen Bewohner der Siedlung sehen sich in ihrem Ortsteil jenseits der Bundesstraße immer wieder nicht genug beachtet vom Rest der Gemeinde und den politischen Vertretern in den Gremien.
Hätte dieses Schleifen lassen des Kümmerns um den Bauzustand des Steges nicht stattgefunden, wenn es sich um ein Bauwerk im Ortszentrum handelte? Davon ist fest auszugehen. „Die Bürger im Klinker müssen erkennen, dass dieser Steg gebraucht wird und in der Böcklersiedlung auch Bischofsheimer wohnen“, formulierte dies ein IG-Vertreter und sah es als Aufgabe Steinbachs an, diesen Erkenntnisgewinn im restlichen Ort zu fördern.
Die IG Steg ist noch dabei, die Unterlagen zu sichten und sich mit Hilfe von Fachleuten ein eigenes Bild über die Chancen zum Erhalt des Steges zu machen. Dabei holen sie weit aus und haben laut Laun damit begonnen, sich einen Überblick über die Gesamtsituation der Bahnliegenschaften entlang der Schienen zu verschaffen.
Den Sachstand besprechen die Aktiven regelmäßig miteinander, das nächste Mal am kommenden Freitag (27.) um 16 Uhr. Dazu suchen die den Ortskern heim, Treffpunkt ist nämlich das Museum.
Ausgemacht ist bereits, dass die Siedlergemeinschaft durch eine eigene Zählung zwischen 5 und 23 Uhr den Nachweis führen will, dass der Steg sehr wohl gut frequentiert ist und entsprechend gebraucht wird. Daran zweifeln nämlich manche Ortspolitiker – vornehmlich sicherlich solche, die weit weg von der Böcklersiedlung wohnen.

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