Schachclub gewinnt das Topspiel

4,5:3,5 in Gernsheim / Mit einer ukrainischen Großmeisterin

Das war ein denkwürdiger Tag für den Flörsheimer Schachclub. Zum einen gewann man als Spitzenreiter das Topspiel der hessischen Verbandsliga Süd beim punktgleichen Tabellenzweiten SK Gernsheim II knapp mit 4,5:3,5. Zum anderen spielte erstmals in der 101jährigen Vereinsgeschichte eine Frau in der ersten Garnitur, die zudem noch den Titel einer Großmeisterin trägt. Es war die Ukrainerin Myroslava Hrabinska, die wegen des elenden Krieges in ihrer Heimat mit einer ihrer beiden Töchter nach Deutschland geflohen ist.

Anfang März verließ Hrabinska ihren Heimatort Lemberg und war froh, bei Familienangehörigen in Groß-Gerau aufgenommen zu werden, nämlich bei ihrer Schwester und deren Mann, Andreas Bonsen. Bonsen spielt Schach in Flörsheim und vermittelte den Kontakt zum Schachclub. Der nahm die Großmeisterin nur zu gerne als neues Mitglied auf, wobei es aber erst einmal darum ging, ihr ein wenig Ablenkung von den Grausamkeiten in ihrer Heimat zu ermöglichen. Der Frau bleiben auch in der nun gewonnenen Sicherheit große Sorgen: ihr Mann, ebenfalls internationaler Schachgroßmeister und Coach der ukrainischen Jugend-Nationalmannschaft, ist in der Ukraine geblieben.

Unter sportlichen Gesichtspunkten ist Myroslava Hrabinska mit einer Elo-Zahl von 2210 die neue Spitzenspielerin beim Schachclub. In Gernsheim trug sie mit einem Partiegewinn entscheidend zum Mannschaftssieg bei, der bei manchem Flörsheimer jetzt die Hoffnung weckt, in dieser Saison die Verbandsliga Süd zu gewinnen und in die hessische Oberliga aufzusteigen. Zu dieser Hoffnung trug auch der enorme Kampfgeist bei, mit dem der Tabellenführer seine Partien bestritt. Zweimal geriet man in Rückstand; zweimal konnte man ausgleichen und am Ende schließlich gewinnen.

Auch die Gernsheimer Oberliga-Reserve ging mit großen Ambitionen in das Topspiel und hatte selbst in der Zeitnot-Phase noch Hoffnungen auf den eigenen Sieg. Wie die Flörsheimer hatte sie ihre beiden ersten Saionspiele im vergangenen Herbst vor der neuerlichen Corona-Zwangspause gewonnen und spekulierte nun auf eine Fortsetzung.

Bei den Flörsheimern gab Andreas Bonsen einen guten Einstand in der ersten Mannschaft und verbuchte ein sicheres Remis. Danach verlor Robert Becker; die Gastgeber lagen vorne. Cesar Vega spielte eine sehenswerte Angriffspartie, die SC-Vorsitzender Wolfgang Ruppert als „Partie des Tages" bewertete und die mit einem vollen Punkt und dem Flörsheimer Ausgleich belohnt wurde.

Doch dann gerieten die Mainstädter mit dem 1,5:2,5 erneut ins Hintertreffen. Wolfgang Pötschke hatte sich im Mittelspiel schwergetan, zu viel Bedenkzeit verbraucht und in drückender Zeitnot eine taktische Kombination übersehen, was ihn die Sache aufgeben ließ. Es folgte der neuerliche Ausgleich. Robert Mazurek siegte am Spitzenbrett, weil es ihm gelang, ein Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern – das fast immer remis ausgeht – durch ein originelles Bauernopfer zu seinen Gunsten zu entscheiden.

Jetzt, beim 2,5:2,5-Zwischenstand, waren die Gäste vom Main allerbester Dinge. Denn die restlichen drei Partien standen auf Gewinn. Myroslava Hrabinska erhöhte Zug um Zug den Druck auf die gegnerische Verteidigung und wickelte mittels Mattangriff in ein gewonnenes Endspiel ab. Alexander Stegmaier stellte mit einem weiteren vollen Punkt den Flörsheimer Mannschaftssieg sicher, ehe Wolfgang Ruppert unerwartet doch noch verlor. Mit zwei Türmen gegen Dame stand er auf Gewinn (bei einem möglichen Matt in 32 Zügen), beging dann aber einen groben Fehler in der Zeitnotphase. Jetzt bot der Gernsheimer erleichtert Remis an. Ruppert lehnte ab und bereute das später, denn nach über sechs Stunden Spielzeit überzog er seine Stellung und verlor.

In der Verbandsliga Süd führt der Schachclub nun mit 6:0 Punkten vor dem SV Wiesbaden (5:1) und den punktgleichen SK Gründau, SV Darmstadt, SG Bensheim und SK Gernsheim II (alle 4:2). Da wird es also noch recht viele Topspiele geben.

Flörsheims Zweite verbuchte in der Main-Taunus-Liga mit 5:3 beim SC König Nied II im vierten Spiel den ersten Sieg im Kampf um den Klassenerhalt. Mit 4:4 Punkten hat man nun eine gewisse Sicherheit gewonnen, weil der Vorsprung auf die Abstiegsränge drei Zähler beträgt. In Nied gewannen Wahid Jamali, Dr. Thomas Meaubert und Dominik Schwarz; ein Remis erzielten Markus Lahr, James Beerbower, Uwe Pötschke und Günter Weber. Nur Norbert Ahrends musste einen Partieverlust hinnehmen.

Flörsheims Dritte kam in der Bezirksklasse B zu einem unverhofft hohen 5,5:0,5 gegen den seitherigen Tabellennachbarn SC Bad Soden IV. Als einziger remisierte Kai Hübner. Partiegewinner waren Henry Ruppert, Johann Kißler, Martin Manasek, Thomas Erich Jakob und Kamil Memis. Mit 4:2 Punkten stehen die Flörsheimer nun im gehobenen Mittelfeld und werden vorerst nicht in Abstiegsgefahr kommen.

Einen hohen Erfolg meldete auch die vierte Mannschaft des Schachclubs. Doch das 6:0 gegen den SC Frankfurt-West III war kampflos zustande gekommen. Mit 5:1 Punkten rückten die Flörsheimer in der Bezirksklasse C auf den zweiten Platz vor, mit einem Spiel weniger als Spitzenreiter Sfr. Mörfelden-Walldorf (7:1). Jetzt hält mancher einen Aufstieg für möglich.

Flörsheims Fünfte verlor in der Kreisklasse A gegen den SV Kelsterbach III mit 1:3. Nur Jonas Kunz gewann, während Julian Stegmaier, Marvin Schad und Tim Huschban verloren. Die Flörsheimer (2:4 Punkte) fielen damit wieder in die Abstiegszone zurück.

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